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Thailand

Pai Part I

Am Nachmittag des letzten Tages unseres Retrats brachten uns zwei Taxis wieder zurück in die Stadt. Wie ich bereits erwähnt hatte, verstand sich unsere Gruppe ganz prima, und so verabredeten wir uns alle zu einem späten Mittagessen im Om Garden. Ich brauchte Kaffee und Porridge, und beides war auf der Speisekarte dieses wundervollen Ortes vorhanden.

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Wir versackten. Tief. Knapp über drei Stunden lang, bei guten Gesprächen, viel lautem Lachen und – ja, ich gebe es zu – zu viel Kaffee. Aber ich hatte ja auch einiges nachzuholen. Als alles gesagt worden war und die ersten zu ihrem Bus zurück nach Chiang Mai mussten, verabschiedeten wir uns herzlich von den Weiterreisenden und schmiedeten Pläne, was wir hinterbliebenen am nächsten Tag in Pai anstellen könnten. Die Wahl fiel auf eine Tour für 400 THB (10 Euro) p.P. zu einem Aussichtspunkt, den Lod-Höhlen, den heißen Quellen, einem Wasserfall und zu guter Letzt zum Pai Canyon. Lod-Höhlen und Pai Canyon waren laut jedem, den man dazu befragte die absoluten Must-Sees in Pai, und so hielten wir es für eine gute Idee, jene Must-Sees an einem Tag abzuhaken um uns dann ohne schlechtes Backpacker-Gewissen noch ein wenig in der entspannten Atmosphäre des Städtchens verlieren zu können. Am nächsten Morgen ging es los.

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Es gab Frühstück im Art in Chai: Porridge (wer hätte das gedacht, niemand, denn wie wir alle wissen steckt diese verrückte Welt voller Überraschungen) und den zweitbesten, frischen Chai Latte (Bhuds allmorgendlicher Chai war leider nicht zu überbieten, und uns war klar, dass das auch niemandem jemals gelingen würde) den ich in meinem Leben jemals getrunken hatte. Was wohl daran lag, dass ich, bevor ich nach Pai gekommen war, in meinem Leben nicht so richtig jemals überhaupt einen frischen Chai Latte getrunken hatte. Wir ließen es uns schmecken um um 09:45 stiegen 7 von uns Yogaschülern in den Bus Richtung Lod-Höhle.

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Ich hätte beinahe gebrochen, so wie auch jeder andere in jenem Bus. Uns war nicht ganz klar gewesen, dass die Busfahrt zu den Höhlen eine gute Stunde dauern sollte, die Bergstraßen wie gewohnt kurvig waren und unser Fahrer offensichtlich für seinen Gastauftritt in Fast & Furious trainierte. Jedenfalls genossen wir den zwanzigminütigen Zwischenstopp am Aussichtspunk alle eher aufgrund der Tatsache, dass wir das Fahrzeug verlassen durften, als wegen der schönen Aussicht, so viel stand wohl fest. Irgendwann hatten wir es geschafft. Die Lod-Höhlen. Lobet den Herrn.

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Nach einiger anfänglicher Verwirrung bei dem Versuch, jedem der weiblichen Guides mit ihren Öllampen genau vier Reisende zuzuteilen, wanderten wir los zur Höhle.

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Ich habe ja schon viele Höhlen in meinem Leben gesehen. In jedem zweiten Sommerurlaub wurde ich zu mindestens einem dieser Naturwunder gebracht und zu Hause im Harz gibt es was das angeht auch gut zu gucken. Neuseeland hatte Höhlen, und so war ich nicht so richtig gespannt. Anders meine amerikanischen Mitreisenden, die in ihrem Leben tatsächlich noch nie eine Höhle betreten hatten. Doch ich wurde positiv überrascht. Um nicht zu sagen: Ich war überwältigt.

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Die Lod-Höhlen waren ganz sicher die mit Abstand größten und eindrucksvollsten Höhlen, die ich jemals besichtigen durfte. Unser Guide (unsere Guidin? Guidess? Gibt es dazu ein weibliches Äquivalent?) führte uns zielsicher in ihren Plastiklatschen und mit ihrer flackernden Öllampe durch die Höhlen. Ihr Englisch war – sein wir ehrlich, nicht existent, doch ab und wann hielt strahlte sie mit einer Taschenlampe Felsformationen an und sagte in einem Wort, was die Steine (mit viel Fantasie) darstellen sollten, immer gefolgt von einem schelmischen Lachen. „Broccoli, hihi! Crocodile, hihi! Turtle, hihi! Boobs, hihihihi!“ Das war unsere Führung. Unterbrochen wurde die von zwei Fahrten auf einem Bambusfloß, über den Fluss und durch die Höhlen. Hammer. Einfach Hammer. Da fragt man sich doch, wozu es uns Menschen eigentlich überhaupt gibt, wenn die Natur von alleine so tolle Bauwerke schafft. Nach zwei Stunden war der Spaß vorbei, wir waren alle glücklich, etwas fußlahm vom vielen Treppensteigen und vor allem hungrig, es war mittlerweile beinahe zwei Uhr.

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Es gab frisches Obst und gebratenen Reis mit Gemüse. Alles schon mal da gewesen, aber ich freute mich, dass ich veganes Mittagessen gefunden hatte. Auch, wenn es mich einige Mühe gekostet hatte, der Köchin mit Händen und Füßen verständlich zu machen, dass mir, man sollte es kaum glauben, jener Reis auch ohne Ei drin schmecken würde.

Dann ging es weiter. Nächster Stop: Heiße Quellen.

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Die heißen Quellen waren… heiß. Und sehr gut besucht. So gut sogar, dass ich mich nicht so recht motivieren konnte, mich hineinzulegen. Außerdem hatte ich ein ganz anderes Problem: Es gab keine Toiletten, und meine konstanten Bemühungen, meinen Körper bei den gegebenen Temperaturen hinreichend zu hydrieren, forderten langsam ihren Tribut. Ich schlich also gen Bus und den dahinter gelegenen Wald.

„Wohin des Weges?“

Unser Busfahrer. Juhu.

„Äh. Toilette.“

„Hier keine Toilette, du musst Wald.“

„Jaja, das hab ich mir schon gedacht.“

„Du vorsichtig! Bleib auf Weg, wir hier Schlangen und Gift.“

Hmhm. Tatsächlich war uns bereits in den Höhlen eine giftige Schlange über den Weg… gekrochen… die unsere(n) Guide/Guidin/Guidess in ANgst und Schrecken versetzt und uns einen gehörigen Schreck eingejagt hatte. Super. Ich ging also los, ungewohnt achtsam, über den kleinen Trampelpfad in den Wald, bis ich einen geeigneten Baum ausgemacht hatte.

So. Schonmal versucht zu pinkeln, in der Angst, eine Schlange könnte sich im Anmarsch befinden? Nein? Ist etwa so, als wenn die Katze zuguckt, nur siebzehn mal schlimmer. Dieser Vergleich gilt nicht für meine Mutter. Die hat nämlich kein Problem, wenn die Katze zuguckt. Aber der Rest von euch versteht vielleicht in etwa, was ich meine.

Zurück zum Thema.

In Todesangst übermannten meine biologischen Bedürfnisse dann schlussendlich doch irgendwann alle psychologischen Barrieren und ich kehrte glücklich und zufrieden aus dem Wald zurück – wo bereits eine Schlange Frauen auf mich wartete. Offensichtlich hatte nur jemand den Anfang machen und den Wald als erste erobern müssen, und wer eignet sich dazu besser als meine Wenigkeit. Mein Dienst an der Menschheit war für jenen Tag also getan.

Als einige Zeit später alle Wasserratten wieder abgetrocknet und umgezogen waren, saßen wir allemann wieder in unserem Bus und unser Fahrer rauschte mit uns – wild wie eh und je – an einen Wasserfall, dessen Name mir leider entfallen ist. Da waren Felsen, ein Fluss, der die Felsen herabfloss und Wald drumherum. Zu meiner Tempelmüdigkeit gesellt sich langsam auch ein latentes Desinteresse an Wasserfällen von unter 30 Metern Höhe.

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So stand ich da also und sah dem fallenden Wasser zu, in meinen Augen offenbar ein Ausdruck starker Gleichgültigkeit, da tauchte Aisling, die Irin aus meiner Yogagruppe, die sich im Laufe unseres Retreats ebenfalls als koffeeinabhängig geoutet und die Morgende nur mit einer Aspirin überstanden hatte., neben mir auf.

„Ich habe ein Stück weiter die Straße runter ein Café gesehen. Wir müssten ein Stück gehen, aber… da gibt es Kaffee.“

Ohne ein Wort zu sagen blickte ich ihr in die Augen, unsere kaffeeschwarzen Herzen verstanden, und wir drehten mit einem Nicken auf dem Hacken um und marschierten ein Stück die Straße bergab, bis irgendwann ein Schild mit der Aufschrift „Café“ auftauchte. Es war ein schönes, kleines Café mit internationalen Magazinen in der Auslage, zwar ohne Sojamilch, dafür aber mit so gutem Kaffee, dass er auch schwarz und auf Eis hervorragend zu genießen war.

Kleiner Kommentar am Rande: Vor einigen Tagen las ich auf Facebook, einer wie wir alle wissen wissenschaftlich einwandfreien Quelle, dass Menschen, die schwarzen Kaffee oder Gin Tonic mögen Psychopathen sind. Deshalb möchte ich euch hiermit alle gewarnt wissen. Es war mit zwar bis dato selbst nicht klar, doch ich bin eine Psychopathin. Bitte behandelt mich mit Vorsicht und haltet immer zwei Armlängen Sicherheitsabstand. Danke.

Letzte Station unserer Reise war der Pai Canyon. Offenbar DAS Naturwunder der Gegend und ohne Frage die Besichtigung, auf die ich mich am Meisten gefreut hatte.

Als ich da so mit 7 meiner Mitreisenden auf der Ladefläche des Trucks saß, den ich zuvor immer als unseren Bus bezeichnet habe, und mit zwei Mädels angeregt über Ernährung und den Umwelteinfluss einer veganen Ernährung diskutierte, fing es an zu regnen. Und es regnete keinen deutschen Regen, nein, es regnete echten, prasselnden, sturzflutartigen, indochinesischen Monsoonregen. Wir rollten die Planen an allen Seiten der  Ladefläche herunter und rückten alle etwas enger zusammen, um dem Spritzwasser aus Pfützen zu entgehen. Jene Situation hatte sich noch nicht wieder geändert, als wir am Pai Canyon ankamen. Wir schlüpften also, allesamt in affig aussehende Regenjacken gehüllt, aus unserem Planenzelt in einen Unterstand und warteten das Schlimmste ab. Als es nur noch nieselte, hatte ich keine Lust mehr zu warten, zog den Reißverschluss meiner Regenjacke zu und stiefelte als erste los zum Canyon. Einige wenige folgten, witziger Weise jene, die genau wie ich Make-Up und Haare bereits Wochen zuvor gänzlich aufgegeben hatten.

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Der Canyon und der Ausblick dort waren wirklich atemberaubend schön. Ich glaube nicht, dass meine Bilder das dieses Mal so richtig darstellen können, versucht habe ich es natürlich trotzdem.

Kurz nach unserer Ankunft am Canyon hörte es langsamauf zu regnen, und zurück blieben nur schwere, graue Wolken, die am Horizont an Berggipfeln hängen geblieben waren und die bewaldeten Gebirgszüge ein bisschen gruselig aussehen ließen – auf die bestmögliche Art und Weise. Irgendwann hatten wir genug gesehen und unser Fahrer hatte ebenfalls die Schnauze voll, und so landeten wir schlussendlich wieder dort, wo wir am Morgen aufgebrochen waren: An der Busstation im Zentrum von Pai.

Den Abend verbrachten wir übrig gebliebenen Yogis wieder gesammelt, dieses Mal im Edible Jazz. Da war Open Mic Abend, heißt, jeder, der wollte, durfte seine musikalischen Meisterleistungen zum Besten geben. Von uns tat das natürlich niemand, doch es war wirklich toll, da zuzuhören.

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An jenem Abend erschloss sich mir auch endgültig, weshalb Pai immer als Hippiekommune beschrieben wird. Nie in meinem Leben habe ich so viele Dreadlocks, Leinenkleider und bekiffte Menschen auf einem Haufen gesehen. Ihre Geschichten klangen alle gleich.

„Yooo, ich bin vor zwei Jahren nach Pai gekommen und dann hat mir der Vibe hier voll zugesagt und so, ich war voll auf einer Wellenlänge mit dem Ort, ich sags dir, die Stadt hat mich berührt. Da ist mir klar geworden, dass ich kein scheiß Geld brauche um glücklich zu sein, verstehst du, das macht alles keinen Sinn… hier herrscht nichts als Liebe, und das ist es doch, was wir alle brauchen Mann, Liebe… also bin ich hier geblieben. Jetzt steh ich hier ab und wann an der Bar und organisiere mit nem Kumpel zwei Mal im Monat einen Poetry Slam… geht ganz gut, reicht für mich, verstehst du, man braucht doch nichts, was brauchen wir schon… krass, hörst du den Singen? Er ist der BESTE, echt…“

Ich aß hervorragende Pasta, ließ jedes der Mädels ein, zwei Sätze in mein Notizbüchlein schreiben, und wanderte schließlich glücklich und zufrieden durch das nächtliche Pai zurück zu meinem Bett.

 

2 Antworten auf „Pai Part I“

Wir sitzen wieder gebannt vor der „PC-Glotze“ und verfolgen Deine Route …… Die Leute in der Bar zum Schluss müßten auf eine Theater-Bühne gebracht werden mit Deinen Zitaten. Gewaltig, was Du alles erleben kannst. Toi,toi,toi, Wir freuen uns schon auf einen Dia -Beamer -Vortrag, den Du unbedingt dem Förderverein bzw. unseren Fördervereinen schenken mußt! Bitte !

Hallo liebe von Schönfelds,
wie schön, dass Sie virtuell dabei sind! Ich freue mich wahnsinnig über jeden, den meine Berichte interessieren 🙂 Und gerne erzähle ich noch mal im Förderverein von meiner Reise! Wenn Sie sich um Raum und Zeit kümmern, organisiere ich eine Bildauswahl und ein paar Storys 😉 Ganz liebe Grüße,
Klara

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