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Thailand

Pai Part II

Der nächste Tag in Pai war nicht weniger ereignisreich.

Zunächst mal waren wir alle um zu 09:45 Uhr zu einer Yogastunde verabredet. Wir wollten ja die guten Gewohnheiten beibehalten, und so saßen wir nach dem Frühstück alle im Schneidersitz in der ersten Etage eines Hostels und schauten einer überdurchschnittlich attraktiven Thailänderin dabei zu, wie sie sich Schlangenartig verbog und uns dann ungläubig dabei beobachtete, wie wir unflexible Europäer in etwa gar nichts gerissen bekamen. Im Ernst Freunde, ich bin so unendlich unbeweglich, dass es schon peinlich ist. Aber dafür mach ich ja Yoga. Sollte irgendwann besser werden.

Nach 90 Minuten Yoga waren wir jedenfalls alle komplett durchgeschwitzt und verabredeten uns zum Mittag mal wieder im Art in Chai. Es ist einfach schön da. In der Zwischenzeit bezog ich mein neues Hostel. Ich hatte mir in den vergangenen zwei Nächten ein Bungalow mit Allison aus New York geteilt, doch die reiste heute ab, und für mich allein war dieses Bungalow dann doch etwas teuer. Also stiefelte ich mit Sack und Pack durch Pais Straßen, bis ich an meinem neuen, wirklich schönen (und günstigen!) Hostel ankam.

Zum Mittag gab es Brot mit Avocado & Tomate, ein anderer Favorit von mir… kommt gleich nach Porridge, würde ich sagen. Ich genoss mein Essen mal wieder sehr, dann verabschiedeten wir uns von allen, die heute abreisen würden und schließlich machte sich ein Grüppchen aus Aisling aus Irland, Elena aus Barcelona und mir auf zum Om Garden Café – wir hatten mal wieder was gebucht.

Und zwar einen Nachmittag im Conserve Forest Nature Park. Jene Organisation ist sehr klein und sehr jung und wird betrieben von einem Südamerikanischen Auswanderer, seiner Thailändischen Freundin und einer Hand voll Freiwilliger aus der ganzen Welt. Sie hat sich zum Ziel gemacht, der immer problematischer werdenden Abholzung des thailändischen Waldes entgegenzuwirken und Pflanzt jetzt in einem großen, noch recht nackten Tal neue Bäume in der Art und Weise an, wie sie auch im Rest des natürlichen Urwalds wachsen. In den 1970er Jahren waren noch 75% der Landfläche Thailands mit Wald bedeckt, heute sind es noch 25%. Das wird auch für immer mehr Tierarten zum Problem, unter anderem für die Elefanten, und so hat Conserve Forest Nature Park vor wenigen Monaten zwei tragende Elefantenweibchen aus der Tourismusindustrie gekauft und lässt sie jetzt frei in ihrem Tal herumlaufen. Begleitet werden die Elefantendamen 24/7 von ihren Mahuts, die aufpassen, dass sie keinen Mist bauen oder über die Straße abhauen – und die natürlich gespannt darauf warten, dass Elefantendame Nummer 1 endlich ihr Junges bekommt.

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Wir verbrachten also einen Nachmittag in diesem Tag, streichelten und fütterten die zwei Elefanten, aber nur solange, wie sie Lust darauf hatten. Wann immer sie gehen wollten, durften sie das auch tun, und das freute mich sehr. Bisher hatte ich Elefanten vermieden,weil hier unendlich viel Mist passiert mit den Tieren, die in der Tourismusbranche versklavt sind, und das wollte ich auf keinen Fall unterstützen. Deshalb auch kein Ritt auf einem Elefanten. Und ich bitte euch alle eindringlich: Lasst sowas. Informiert euch, wo ihr wie welche Tiere anguckt und wie es denen da geht. Jeder Anbieter sagt hier von sich, er sei nachhaltig und artgerecht, bei kaum einem entspricht das der Wahrheit. Lest nach, redet mit den Menschen, und hört auf euer Bauchgefühl. Dann kann eigentlich nichts schief gehen.

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Wir saßen ein bisschen am Flussufer und unterhielten uns angeregt über die thailändische Küche, während vor uns die zwei Elefanten mit ihren Mahuts im Wasser spielten. Da wird so ein Elefant plötzlich ganz leicht sage ich euch, die jüngere von Beiden Damen schlug ständig Salti im Wasser. Bevor es zurück in die Stadt ging, pflanzte noch jeder von uns zwei Bäume. Das machte das gute Gewissen nochmal ein bisschen besser, und dann machten wir uns glücklich und zufrieden auf den Heimweg.

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Jenen Abend verbrachten wir wieder im Edible Jazz bei Livemusik und gutem Esse, bevor es ins Bett ging.

Ach, eine Sache habe ich ganz vergessen! Wisst ihr, in wen ich am Tag zuvor mitten in der Innenstadt des winzigen Örtchens Pai quasi hineingerannt bin? Dan und Stan, die beiden New Yorker Jungs, mit denen Esther und ich damals mit den Mopeds durch Vietnam gefahren sind. Die Welt ist klein, und Zufälle sind keine Seltenheit. Wobei es ja nie Zufälle sind. Maktub.

Jedenfalls erinnerte mich diese Begegnung an all das, was ich so angestellt hatte, als ich in Vietnam unterwegs war, und ich freute mich nochmal mehr, dass ich jetzt wieder auf der richtigen Spur war. Mit gutem Essen, Yoga und ohne Alkohol, und mit Menschen, die sich tatsächlich für mehr interessierten als billige Drogen und gute Bars.

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Der kommende Tag war mein letzter Tag in Pai. Ich aß Frühstück im Om Garden, welches sich zufällig direkt gegenüber meines neuen Hostels befand, wanderte dann durch die Innenstadt, besah verschiedene Läden, verabschiedete Aisling und Elena, gönnte mir eine Pediküre, aß Mittag, las mein Buch aus. Um 3 Uhr war ich mit Rohana und Siobhan (gesprochen: Schiwaan) verabredet: Wir wollten zum weißen Buddha laufen. Der weiße Buddha thront auf halber Höhe an einem grünen Berghang über Pai und ist von quasi überall aus sehr gut zu sehen. Wir wollten ihn mal aus nächster Nähe anschauen und machten uns auf den Weg.

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Eine dreiviertel Stunde und viel vergossenen Schweiß später standen wir vor ihm. Er war sehr groß und sehr weiß. Von der Tempelmüdigkeit hatte ich schon mal gesprochen…?

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Der Ausblick auf die Stadt war jedenfalls gut, und nachdem wir alle genug gesehen hatten ging es wieder bergab Richtung Stadt. Am Fuße des Berges wartete Earth Tone auf uns, ein schickes, kleines Restaurant mit vegetarischem und veganem Angebot und einem kleinen Laden, der Naturkosmetik und Superfoods anbot. Genau unser Ding also. Es gab? Veganes Schokoladeneis. Jawoll. Das muss man nehmen, wenn man es kriegen kann. Und es war sogar richtig, richtig gut.

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Am Abend jenes Tages tat ich nicht mehr viel. Ich telefonierte kurz mit Mama, sprach mit Juho, schlenderte noch einmal in die Stadt und besorgte mir etwas Reis mit Gemüse zum Abendessen. Als ich das dann auf der Terasse meines Hostels zu essen begann, kam ich mit dem Hostelbesitzer ins Gespräch. 24 Jahre alt, original eigentlich aus Malaysia, hatte Finanzen studiert und war ein Jahr lang Investmentbanker gewesen. Hatte dann keine Lust mehr, schmiss den Job und kam mitsamt seiner Ehefrau nach Pai, wo die beiden nun dieses Gasthaus betrieben. Mit 24 Jahren ne ganz ordentliche Biografie, fand ich.

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In jener Nacht schlief ich weiß Gott weshalb nicht so richtig gut. Doch das war nicht so wild, am nächsten Morgen wartete nur ein weiteres Frühstück im Om Garden auf mich, bevor ich mich in den Bus zurück nach Chiang Mai setzte.

Und da muss ich nochmal was erzählen.

Ich saß also nichts ahnend an einem Picknicktisch auf halbem Wege nach Chiang Mai und aß meinen Mangosalat, da erreichte mich eine Nachricht von meiner Mutter.

„Was heißt denn admission?“

„Zulassung. Wieso?“

„Aaah ja. Deshalb nämlich:“

Und dann tauchte es auf meinem Handybildschirm auf: Das Foto von meinem Zulassungsbescheid für den Masterplatz in Berlin, den ich so unbedingt haben wollte. Ohne, dass ich wusste, was gerade passierte, fing ich an, unkontrolliert zu zittern und – ja – auch ein bisschen zu weinen. In der Öffentlichkeit. Gott sei Dank befand ich mich in Thailand, da interessiert es die Leute nicht mal, wenn man sich in der Öffentlichkeit lautstark erbricht, weshalb das Weinen keine so unangenehme Aktion war, wie man es als Deutscher vielleicht denken mag.

Dann lachte ich. Und lachte und kicherte und lachte. Ich glaube, meine Hormone haben in jenem Moment Tago getanzt. Oder waren auf LSD. Irgendwie sowas muss es gewesen sein.

Es fiel so viel Anspannung von mir ab. Wann immer mich bis dahin jemand gefragt hatte, was ich zu Hause eigentlich mache, wenn ich zurückkomme, konnte ich keine Antwort geben. Ich hoffte auf einen Masterplatz, wusste aber nicht, wohin ich ziehen würde, und sollte das nicht klappen, müsste ich mir einen Job suchen, und nur Gott wüsste, wo ich dann landen würde. Und jetzt, ganz plötzlich, was alles klar. International Business & Consulting – Strategic Management würde ich im Master studieren und dafür nach Berlin ziehen. Ganz einfach. Und so fuhr ich, seelig und sehr entspannt, wieder zurück zu meinem geliebten Chiang Mai.

Eine Antwort auf „Pai Part II“

Hallo meine liebste Klara,
wieder ein wirklich gelungener Blog. Den habe ich gerade om und op vorgelesen.
Liebe Grüße von beiden, auch die finden deine Einträge wirklich interessant.
Morgen feiern wir Geburtstag und dann trinken wird alle einmal kräftig auf Deine Reise.
Halt uns weiter so lieb auf dem Laufenden. Ich hab Dich lieb
PAPA

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