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Thailand

Koh Lipe

Am nächsten Morgen stand tatsächlich um 10:30 Uhr, mit einer halben Stunde Verspätung, besagtes schwarzes Fahrzeug wieder vor meiner Tür und brachte mich, Pam, Mild, ihre kleine Cousine und Pams Eltern zum Fähranleger in Satun.

Es gab Fühstück (ich hatte schon welches im Hotel gehabt und beschränkte mich daher auf einen Ananas-Smoothie) und dann begaben wir uns alle zur Fähre. Um Pams Vater scharten sich die hiesigen Polizisten und machten Bilder mit ihm, der Besitzer des Fährunternehmens, welches Pam, Mild und mich gleich nach Koh Lipe befördern sollte, schüttelte ihm die Hand und arrangierteuns die besten Plätze auf dem Boot. Das hatte alles leicht mafiöse Züge wie ich fand, da sie mir aber dieses Mal zu meinem Vorteil gereichten hinterfragte ich das Schauspiel nicht weiter, sondern beobachtete gebannt.

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Sehr gut für mein Selbstbewusstsein war übrigens, dass jeder Mann, der sich mit Pam oder ihrem Vater unterhielt, feststellte, dassich „sehr niedlich“ aussah, und ein „gutes Mädchen“ sei, weil ich so weit alleine gereist war. Soweit zumindest Pams Überetzungen, mich freute das natürlich sehr.

Irgendwann ging es dann los, 1 1/2h Speedbootfahrt über leicht unruhige See in Begleitung von 79 Asiaten in Schwimmwesten, die bei jeder Wellt ein ängstlich-freudiges Juchzen ausstießen. Ich hingegen war die ganze Fahrt über damit beschäftigt, all die Horrorszenarien aus meinem Kopf zu verdrängen, welche sich unausweichlich in Form schockierender Kurzfilme in meinen Gedanken zusammenbrauten. Jeder Muskel in meinem Körper war angespannt, und mich anzusprechen wäre in jenem Moment sicher keine gute Idee gewesen. Tat deshalb auch niemand.

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Kurzum war ich einfach sehr dankbar, als ich endlich wieder Land unter den Füßen hatte. Da war ich also. Koh Lipe. Und Pam hatte nicht zu viel versprochen: Es war ein echtes Paradies.

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Wir wurden in einem der Hotels von Pams Papa einquartiert, dem Sita Beach Resort & Spa. Direkt an einem weißen Sandstrand gelegen, von Palmen umgeben, und mit Blick auf das mit abstamd leuchtend türkisfarbensdste und klarste Wasser, was ich bis dahin jemals erlebt hatte. Wirklich. Auf Koh Lipe sah alles aus wie ein Windows-Desktophintergrund.

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Beste Voraussetzungen für gute Laune möchte man meinen, tatsächlich hatte ich aber in den kommenden vierundzwanzig Stunden meinen absoluten emotionealen Tiefpunkt auf meiner Reise. Ja, das kann ich guten Gewissens so sagen. Ich hatte Heimweh.

Das erste Mal hatte ich Heimweh. Und zwar nicht so ein „Ach, zu Hause sein wäre auch mal wieder ganz nett, aber hier sein ist ja auch schön.“-Heimweh, sondern ein „SCHEISSE, SCHEISSE, ALLES IST SCHEISSE UND ICH WILL HIER SOFORT RAUS UND IN EIN LAND IN DEM DIE MENSCHEN MEINE VERDAMMTE SPRACHE SPRECHEN“-Heimweh.  Inklusive Kloß im Hals und diverser Heulattacken in den unmöglichsten Situationen.

So kanns kommen, wenn man alleine unterwegs ist Freunde. Da schlendert man bei 30 Grad und Sonne an einem schneeweißen, komplett leeren Sandstrand entlang, rechts neben einem satt grüne Palmen und Farne, links neben einem glasklares Wasser, welches einem in regelmäßigen Abständen die wundersamsten Muschelformationen vor die Füße spült, und man weint und weint und kann sich nichts schöneres vorstellen, als in Stuttgart-Vaihingen im Biomarkt einen Ingwertee zu trinken.

Wohl wissend, wie dumm eine slche Einstellung ist, konzentrierte ich mich in den nächsten Tagen auf nichts anderes als auf ein bisschen Selbsttherapie. Ich schrieb elendig lange Texte in mein Notizbuch, schickte ein paar E-Mail, sprach mit meinen Freunden zu Hause, legte mich mit meinem Buch in die Sonne. Ließ mich jeden Tag 1h lang massieren, ging zum Yoga, aß Pad Se-Ew, meine abslute Leibspeise hier in Thailand.

Pam und Mild taten wahrlich alles in ihrer Macht stehende, um diesen Ausflug zu MEINEM Ausflug zu machen. Das war manchmal etwas ansrengend, weil die gesamte Entscheidungsgewalt bei mir, die finanziellen Verpflichtunen dann aber bei Pam lagen, was hin und wieder für ein schlechtes Gewissen meinerseits sorgte. Davon lernte ich mich frei zu machen. Ich konnte hundert mal sagen, dass das alles nicht nötig sei – die Antwort war immer dieselbe.

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„Doch, Klara. Alles gut Klara. Papa hat gesagt ich soll alles, ALLES bezahlen. Er hat es immer und immer wieder gesagt. Weißt du?“ Also nahm ich es hin wie es war und freute mich über ein bisschen finanzielle Entlastung.

Ich konnte ja mit meinem Bein nicht ins Wasser, Schnorcheln fiel also aus, aber wir unternahmen einen Bootstrip rund um Koh Lipe und die umliegenden Inseln, gingen zum Frisör, brachten uns abends bei alkoholfreien Cocktails gegenseitig Finnisch, Deutsch und Thai bei, fuhren zum Sonnenuntergang an die Küste.

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Letzteres taten wir am dritten und letzten Abend auf Koh Lipe, und währendich da so saß, auf meinem eigenen Felsen im Meer, zu meinen Füßen salzige Wellen, vor mir ein atemberaubendes Farbenspiel aus Rot, Orange und Blau, war plötzlich einfach alles wieder gut. Ich atmete tief ein, wie ich es von Bhud in Pai gelernt hatte, und dann genau so tief wieder aus. Schloss die Augen, ließ die letzten Sonnenstrahlen noch ein paar Sommersprossen auf mein Gesicht malen und dachte:

„Ich bin der verammt nochmal glücklichste Mensch auf dieser Erde.“

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Und dann aß ich zusammen mit Pam und Mild mein letztes Pad Se-Ew auf der Insel.

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2 Antworten auf „Koh Lipe“

Irgendwie hab ich verpasst zuwissen, woher du Pam mit dem reichen Vater kennst.LG Inge
PS. Wie heißt dein Antibiotikum?

Das tolle Farbenspiel – die Buchten und Felsen – eine Traumwelt. Aber wir können verstehen, dass das alles nicht mehr hilft, wenn der „Heimwehkoller“ überwältigend wird. Selbst bei unseren immer wiederholenden Ferien auf Iscia wollte ich manchmal nach 1 Woche wieder nach Hause. – Und nachher immer wieder hin

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