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Bali: Ubud, Part II

Seit soliden zehn Tagen bin ich mittlerweile wieder in meinem geliebten Ubud. Ich bin zu Fuß unterwegs, Roller wird nicht mehr benötigt, und habe meine eigene, kleine Einraumwohnung nicht zu nah am und doch nah genug am Stadtkern. In der Jalan Bisma hat mir Ben via AirBnB seine Wohnung zur Verfügung gestellt, und ich könnte mich nicht wohler fühlen.

Gerne würde ich euch in alter Manier von all den Abenteuern erzählen, die ich in den vergangenen Tagen so erlebt habe, doch leider gibt es dafür nicht genug Material. Tatsächlich sahen alle zehn Ubud-Tage bis jetzt mit winzigen Ausschlägen hier und da ziemlich identisch aus, und mein Plan sieht nicht vor, daran bis zu meiner Abreise noch was zu ändern. Ich beschreibe euch aber gerne, wie genau, falls euch das interessiert.

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Zwischen sieben und acht Uhr morgens wache ich auf. Die Sonne scheint durch die hellen Vorhänge vor den bodenlangen Fenstern vor meinem Bett, ich höre nichts als das Summen der Klimaanlage und das Plätschern der Bewässerungskanäle in den Reisterassen vor meinem Fenster. Mein Handy ist im Flugmodus, einen Wecker brauche ich nicht. Der Flugmodus wird auch bis nach dem Frühstück nicht ausgeschaltet. Früh morgens habe ich keinen Nerv für WhatsApp, Instagram und Co. Stattdessen suche ich in meiner Musikbibliothek nach Gute-Laune-Musik, stelle auf volle Lautstärke, rolle mich aus meinem Bett und springe und tanze wild durch die Wohnung, so etwa ein, zwei Lieder lang. Dabei sehe ich zwar unendlich bescheuert aus, da meine Extremitäten dabei doch sehr unkontrolliert in alle Himmelsrichtungen fliegen, aber mich sietht ja niemand, schließlich sind die Vorhänge noch zugezogen. Das ist besser als jeder Kaffee und jede kalte Dusche der Welt.

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Dann bin ich wach genug und aus der Puste, tüddele mir meine Haare zum Dutt, putze mir die Zähne, wasche mir mein Gesicht. Drehe mich vor dem Spiegel ins Profil und lasse meinen Bauch hängen, schlage zwei Mal mit der flachen Hand drauf und denke: „Joa. Geht noch.“ Zeit für Frühstück.

Gewohnheitstier das ich bin kippe ich in einer getöpferten Schüssel aus meiner temporären Küche Haferflocken, Bio-Rosinen und Bio-Zimt zusammen, schnippele eine Banane hinein und ertränke das Ganze dann in Mandelmilch. Die Musik aus meinem Handy weicht meinem aktuellen Hörbuch, ich setze mich an den Holztisch, aus dem bei jeder Berührung von Holzwürmern verursachte Holzspäne rieseln, lausche der Stimme aus meinen Handylautsprechern und löffle die Töpferschale leer.

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Ist das Geschirr gespült, krame ich aus meinem Regal (ja richtig! Regal! Nicht Rucksack! Das macht mich täglich immer glücklicher!) die Klamotten für den Tag und tausche meine Schlafmontur dagegen ein. Dann setze ich mich wieder auf mein Bett, pausiere mein Hörbuch und schalte den Flugmodus aus. So.

Typischer Weise habe ich morgens aufgrund der Zeitverschiebung (ich bin euch sechs Stunden voraus) einige Nachrichten von meiner Mutter und Freunden, diverse Mails und Benachrichtigungen auf meinem Handy, um die ich mich kümmere, bis um 10 Uhr. Dann schultere ich meinen Rucksack, stöpsle mir meine Kopfhörer in die Ohren, schalte das Hörbuch wieder ein und wandere los. Ziel: Die Reisfelder.

Vor meiner Tür werkelt jeden Morgen der liebe Kadek. Kadek hat mich aus Canggu nach Ubud gefahren und kommt alle drei Tage meine Wohnung putzen und den Müll rausbringen, und wenn ich ein Problem habe, ist er derjenige, der eine WhatsApp-Nachricht von mir bekommt – und innerhalb von fünf Minuten antwortet. Ein echter Schatz, der gute Kadek.

„Guten Morgen Kadek!“

„Guten Morgen! Wie gehtˋs dir?“

„Super, wie immer! Und dir?“

„Auch super. Alles gut in der Wohnung?“

„Alles Bestens Kadek. Danke nochmal fürs Putzen gestern, sieht alles toll aus!“

„Kein Problem, immer gerne! Gehtˋs in die Reisfelder?“

„Jap.“

„Hast du an Sonnenschutz gedacht? Es wird heiß heute.“

„Jap.“

„Sehr gut. Dann viel Spaß!“

„Danke Kadek. Bis später, und dir nen schönen Tag!“

sage ich, und ziehe weiter. Ein Goldstück, der Kadek. Und seine kleine Tochter ist die Mensch gewordene Niedlichkeit.

Ich ziehe also frohen Mutes die Straße entlang, grüße die immer gleichen Menschen, die gerade die Schilder vor ihren Läden aufstellen und mir freundlich zunicken. Weiter durch die Innenstadt, ein bisschen bergauf und bergab, bis ich schließlich in den Reisfeldern ankomme. Hier ist kein Tourist mehr unterwegs, nur Reisbauern mit großen Hüten, abgerissener Kleidung, tiefen Falten im Gesicht und rostigen Sicheln in der Hand. Windspiele klappern in den wenigen Brisen, die es gibt, um die Vögel aus den Reisfeldern fernzuhalten. Ab und an überhole ich Frauen, die prall gefüllte Plastiksäcke auf ihren Köpfen über die schmalen Pfade in den Reisfeldern balancieren. Die Palmen rauschen leise über mir, ein Bach fließt längs meines Weges, und ganz weit hinten am Horizont lassen sich ein paar Vulkangipfel erkennen, dunkelgrau vor dem strahlend blauen Himmel, an denen weiße Wattewolken hängen.

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Und so spaziere ich, eineinhalb Stunden lang, die gleiche Runde wie gestern und vorgestern und den Tag davor. Zurück in Ubuds Innenstadt laufe ich zum Supermarkt und besorge friches Essen. Mangos, Bananen, Äpfel, Broccoli, Linsen, Bohnen, Tomaten. Was man so braucht, wenn man eine Küche hat. Als ich den Einkauf einpacke, ist es kurz nach zwölf. Mittagszeit.

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Also spaziere ich zurück in meine Wohnung, koche Mittag, esse, wasche ab. Dann Mittagspause auf dem Bett. Auf meinem eigenen, riesigen Doppelbett mit weißen Laken. Bis um zwei.

Um zwei ist es Zeit für einen Kaffee. Ich schmeiße mich schon mal provisorisch in meine Yoga-Montur, verstaue Wasserflasche, Handtuch und Tastatur in meinem Rucksack und verschwinde wieder in die Sommerhitze auf Bali.

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Fünfzehn Minuten später sitze ich bei „Habitat“, in meinem Lieblingscafé, und trinke einen Kaffee, während ich E-Mails beantworte oder einen neuen Blogpost tippe. Bestellen muss ich meinen Kaffee nicht mehr. Man kennt mich hier, genau so wie meine Kaffeepräferenz. Deshalb werde ich auch immer mit einem breiten Lächeln empfangen.

„Willkommen zurück! Kaffee für dich?“

„Immer!“

„Alles klar. Dein Lieblingsplatz ist frei!“

„Super, danke!“

und dann lasse ich mich auf dem mir angestammten Platz an der Theke am Fenster nieder, breite meine diversen Notizbücher, meine Kamera und meine Tastatur vor mir aus und warte auf meinen Kaffee. Mit Sojamilch, versteht sich.

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Um viertel nach drei ist es Zeit, weiterzuziehen. Ich lege das Geld für den Kaffee plus einem Zuschlag für die so freundliche und aufmerksame Bedienung auf den Tisch, räume mein Chaos in meinen Rucksack und wandere weiter zu meinem Yogastudio. Der Weg nimmt etwa zwanzig Minuten in Anspruch und führt mich durch eine der schönsten, aber auch vollsten Straßen in Ubud. Ich genieße den Trubel und komme zwanzig vor vier, also äußerst Pünktlich, beim Yoga an.

Ich scanne meine Mitgliedskarte, trinke einen großen Schluck Wasser, stelle meine Flip Flops in das dafür vorgesehene Regal und laufe über den leise knarrenden Holzfußboden ins Studio. Schiebe meinen Rucksack in den Schrank, ziehe eine Yogamatte aus dem Stapel und suche mir einen guten Platz für die vor mir liegende Yogastunde. Scotty ist schon da, wie jeden Tag früher dran als ich, und macht ein paar Dehnübungen. Scotty kommt aus Newcastle, wohnt aber seit zehn Jahren in Indien auf seinem Motorrad, hat einen Vollbart und eine Glatze und trägt immer eine Mütze. Ich würde sagen, er ist so um die fünfzig, und scheint in diesem Yogastudio zu leben. Also, nicht wirklich. Aber er ist eben immer da. Neben ihm liegt Dana aus den USA, auch so um die fünfzig. Sie hat sich vor einem halben Jahr alleine auf Weltreise begeben und ist auch ziemlich oft anwesend. Ich kenne die Beiden, die Beiden kennen mich, wir verstehen uns.

„Scotty, Dana, wunderschöner Tag heute, oder?“

„Klara! Wie gehtˋs? Alles gut?“

„Alles Bestens, wie immer. Und selbst?“

„Fabelhaft. Wir haben gestern abend SO GUT gegessen! Veganer Schokopudding bei Seeds of Life.“

„Klingt super!“

„War super.“

„Na dann – trainieren wir den jetzt mal wieder ab.“

Ich setze mich auf meine Matte und warte, während sich der Raum langsam mit immer mehr Menschen füllt. Dann kommt Rusty. Rusty Davis. Mein Yogalehrer. Rusty. Davis. Ja, der heißt wirklich so. Und ja, das finde ich auch in der hundertsten Wiederholung noch unendlich witzig. Wer heißt denn bitte Rusty Davis? Er, offensichtlich. Nun denn.

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In den kommenden dreieinhalb Stunden mache ich – wie sollte es anders sein – Yoga. Vinyasa von 16:00 – 17:35 Uhr und Yin von 18:00 bis 19:35 Uhr. Heute, wie jeden Tag. Danach bin ich komplett nassgeschwitzt, und damit meine ich nass, also, NASS, was wohl an den konstanten 35 Grad Celsius ohne Wind liegt. Und an der körperlichen Betätigung natürlich. Als ich meinen Rucksack aufsetze, ist es dunkel.

„Na, das lief aber heute bei dir!“

Rusty bemerkt offensichtlich Fortschritte.

„Danke, hab mich auch ganz gut gefühlt heute. Lieben Dank für die Hilfe!“

„Immer gerne. Ach, komm her Schwester!“

sagt Rusty Davis und nimmt mich feste in den Arm. Das ist mir angesichts meines verschwitzten Zustandes leicht unangenehm, aber was sollˋs, er wird ja wissen, worauf er sich da einlässt. Ist schwer zu übersehen, dass mir der Schweiß noch aus den Haaren tropft. Schon ein bisschen seltsam, diese Yogalehrer hier. Ein ganz besonderes Völkchen. Aber lieb. Das kann man so festhalten.

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Auf dem Heimweg mache ich einen Abstecher zu Bali Buda, dem wundervollen Biomarkt, von dem ich bereits in vorherigen Blogposts berichtete. Der liegt in Ubud direkt gegenüber meines Yogastudios, und so sammele ich hier noch fehlende Gewürze, Gemüse oder Salat fürs Abendessen ein. Dann schlendere ich durch die nächtliche Innenstadt zurück in meine angenehm kühle, leere, kleine Wohnung, werfe meinen Herd an und koche Abendessen. Eintopf, Suppe, manchmal auch nur Salat ohne kochen. Je nachdem, wonach mir der Sinn steht.

Als ich aufgegessen habe, spüle ich das Geschirr und stelle mich unter die heiße Dusche, die mir in Hostels nur so selten vergönnt war, werfe mich anschließend wieder in mein Schlafoutfit, stelle mein Handy auf Flugmodus und schalte mein Hörbuch ein, bis ich in meinem großen Bett einschlafe.

Zwischen sieben und acht Uhr morgens wache ich auf. Die Sonne scheint durch die hellen Vorhänge vor den bodenlangen Fenstern vor meinem Bett, ich höre nichts als das Summen der Klimaanlage und das Plätschern der Bewässerungskanäle in den Reisterassen vor meinem Fenster.

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Ich glaube, so fühlt sich Zufriedenheit an. Ich möchte jedenfalls nichts an dem ändern, wie es gerade ist.

2 Antworten auf „Bali: Ubud, Part II“

Die Schilderung deiner kleinen Wohnung in Ubud macht mich mehr als neugierig…. Vielleicht nächsten Winter… Heuer ist ja Afrikaverplant.
Gute Heimreise – kann man ja wohl sagen!

Ein schöner Bericht-strahlt soviel Ruhe und Zufriedenheit aus !Nun komm wieder nachhaus .Du bist gut gerüstet für Dein zukünftiges Tun. Und wir freuen uns auf Dich.Fröhliche Heimkehr wünscht Dir Rosemarie Wendenburg

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