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Cambodia

Battambang

Ich bin dann jetzt alleine. Gestern morgen haben Sonja und ich uns voneinander verabschiedet und ich bin mit Esther in den Bus nach Battambang gestiegen. Die Fahrt war abenteuerlich wie erwartet, der ¨Mekong Express Limousine Bus¨ war nicht weniger klapprig als seine Kollegen von anderen Busgesellschaften. Aber das war ich ja nun mittlerweile gewohnt, also kann man sagen, dass ich die dreieinhalb Stunden lang doch eine angenehme Fahrt hatte.

Battambang ist übrigens laut Internet nach Phnom Penh die größte Stadt in Kambodscha und geprägt von französischen Kolonialisten.

In Battambang angekommen nahmen Esther und ich für 50ct ein Tuktuk zu unserem Hostel und aßen erstmal Mittag. Kurze Zeit später hatte mich Esther auch schon als Veganer entlarvt, eigentlich wollte ich nichts sagen, aber wer sonst bestellt schon ¨den gebratenen Reis mit Gemüse ohne Ei bitte. Also, ohne Ei. Wirklich. Das ist wichtig: KEIN EI.¨ Doch zum Glück isst Esthers beste Freundin ebenfalls vegan und in Bangkok hat sie eine vegane Restauranttour mitgemacht, ich stieß also auf viel Verständnig und Interesse, was mich natürlich sehr freute.

Fast forward: Eine halbe Stunde später saßen wir zusammen mit zwei deutschen Mädels in einem Tuktuk gen Bamboo-Train. Der ist hier eine der lokalen Hauptattraktionen, und die wollten wir uns nicht entgehen lassen. Der Bamboo-Train ist im Groben eine Plattform aus Bambus, gelegt auf zwei… wie nennt man denn das? Schienenfähige Achsen eventuell? Und angetrieben von einem sehr, sehr alten und sehr, sehr lauten Motor. Die Fotos helfen bei der Vorstellung eventuell ein wenig.

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Wir vier krabbelten also auf die uns zugewiesene Plattform und los ging es, holterdipolter über Schienen, bei denen beim Zusammenbau hier und da, nun, sagen wir mal, etwas Spiel gelassen wurde. Keine besonders bandscheibenfreundliche Beschäftigung, dafür aber sehr spaßig. Mit 35km/h fegten wir über die Gleise, und wenn uns jemand entgegenkam wurde abgebremst, abgestiegen, die Bambusplatte neben die Schienen gelegt, die beiden Achsen von den Schienen gehoben, der entgegenkommende Zug vorbeigelassen und anschließend alles wieder zusammengebaut. Wenn Kühe auf dem Gleis standen, wurde gehupt. Eaay.

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Am Ende der wilden Fahr warteten zwei, drei verfallene Hütten auf uns, in denen Einheimische ohne Zähne Kaffee, kalte Getränke und Kleidung feilboten. Das war irgendwie zu erwarten gewesen, und während ich 10 Minuten lang die penetranten Verkäufer vertröstete versuchte ich nebenher noch ein paar Fotos von der Umgebung zu schießen.

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Zurück im Hostel wurde kurz entspannt, das jetzt fertig vorbereitete Zimme bezogen und das kostenlose WiFi genutzt. Wie das immer so ist in der heutigen Zeit, ne? Und ich entschied mch kurzer Hand, nochmal alleine loszuziehen um mir das, so sagt es die legande, sagenhafte Schauspielnder zur Futtersuche losziehenden Fledermäuse anzusehen. Die fliegen jeden Abend um 18:30 Uhr und man braucht etwa 30 Minuten, um mit dem Tuktuk zur relevanten Location zu fahren. Ich also raus an die Straße, den erstbesten Tuktukfahrer an die Seite gewunken, eingesiegen, losgefahren. Alleine. So. Ihr könnt euch denken, was geschah: Ca. 5 Minuten später fiel mir plötzlich ein, was ich da eigentlich gerade machte. Ich, Frau, alleine in Tuktuk, mit ALL meinen Wertsachen im Rucksack, ohne SIM-Karte im Handy auf dem Weg 15 Kilometer weit aus der Stadt raus in die kambodschanische Einöde zu fahren und das ohne selbst eine Ahnung davon zu haben, in welche Richtung es eigentlich gehen müsste. Super.

Nun. Kurz nachgedacht war mir klar: Abhauen geht ja schlecht, also wählte ich die Flucht nach vorne, wechselte die Sitzbank und fing einfach ein Gespräch mit dem Tuktukfahrer an, der mich sowieso schon die ganze Zeit so unheimlich durch den Rückspiegel angestarrt hatte. Das war eine gute Entscheidung, wie sich herausstellte.

Peter war 24 Jahre alt, Sohn einer Bauernfamilie aus dem Norden Kambodschas, hatte ein Jahr lang Englisch studiert und wohnt jetzt zusammen mit seinem Bruder in Battambang, um ein besseres Leben zu haben als seine Familie, die nicht für Geld, sondern nur zur Selbstversorgung arbeitet und während dieser außerordentlich heißen Trockenzeit gezwungen war, Ratten und Frösche zu essen. Er kann sich ein Mal die Woche Hamburger leisten. Das ist doch mal was. Angestarrt hatte er mich die ganze Zeit, weil ich ihn offenbar an seine Ex-Freundin aus Frankreich erinnerte, die ein Jahr lang mit ihm in Kambodscha gelebt, ihn dann aber für einen Franzosen verlassen hatte und wieder nach Paris abgehauen was. ¨No Money, no Honey.¨ meinte Peter dazu. Da konnte ich leider nur zustimmen.

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Irgendwann waren wir dann an den Fledermaushöhlen, wo sich mir pünktlich zu Sonnenuntergang ein wirklich tolles Schauspiel darbot. ¨Weißt du, wohin die fliegen?¨ fragte Peter. Ich verneinte. ¨Die fliegen jetzt in die Clubs, Party machen und Mädels aufreißen.¨ ¨Sicher.¨ sagte ich, wir lachten kurz und machten uns wieder auf den Weg zum Hostel.

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Irgendwann fuhr Peter rechts ran. ¨Schon mal Tuktuk gefahren?¨ ¨Äh, nein?¨ ¨Willst du mal?¨

Tja. Wollte ich denn mal? Ich? Tuktuk fahren in Kambodscha? Ja aber HALLO, ganz SICHER wollte ich das! Sowas lasse ich mir doch nicht zwei mal sagen!

Zwei Minuten und einen am Auspuff verbrannten kleinen Zeh später saß ich also hinter Peter auf seinem Gefährt, gab Gas und kuppelte fröhlich, während er sich um den Pedalteil der ganzen Unternehmung kümmerte. Sehr, sehr witzig. So viel kann ich sagen. Und weil man von vorne auf so einem Tuktuk auch eine viel bessere Aussicht hat, blieb ich da einfach sitzen, bis wir wieder am Hostel waren. Nur das Steuer musste ich irgendwann wieder aus der Hand geben, das mit dem Blinken und links von rasenden Mopeds überholt werden lag mir dann doch noch nicht so recht.

Peter verdient übrigens an einem Tag alles von 0 bis maximal 15US$. Und Tuktukfahrer sind schon eher die besser verdienenden Gruppen hier in Kambodscha.

Zurück am Hostel angekommen machten Esther und ich uns noch auf die Suche nach Essen auf dem Night Food Market und fielen dann irgendwann gegen 10 Uhr todmüde ins Bett.

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Mein Frühstück heute morgen waren Heinz Baked Beans und ein Baguette. Ja, Baguette. Während ich in Siem Reap nicht mal labbriges Toasbrot auftun konnte, gibt es hier Baguette an jeder Straßenecke, inklusive unserem Hostel. Ich schreibe auch das wieder den französischen Kolonialisten zu. Mich hat es jedenfalls gefreut.

Danach ging es durch sen-gen-de Hitze zum hiesigen Markt. Und diese Hitze Freunde. Ich muss es nochmal sagen. Ich habe in meinem Leben noch nie so geschwitzt wie hier, also, an der frischen Luft meine ich. Das hat echt Saunaqualitäten, man wird einfach am gesamten Körper pitsche patsche nass. Sorry, falls das irgendwie ekelig ist, aber es ist die Wahrheit. Nun zum Markt.

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Im Gegensatz zu anderen Märkten, die ich bisher so gesehen hatte, war dieser Markt keineswegs für Touristen vorgesehen und erschütterte mich umso mehr. Es war dreckig, es war laut, es war voll und es stank zum Himmel. Wirklich, wirklich doll. An einem Ende konnte ich nicht mehr, nämlich da, wo die geköpften Schlangen neben den geköpften Tunfischen auf einem dreckigen Lappen bei 38 Grad Celsius auf dem Boden lagen und von Fliegen bedeckt waren, während nebenan jemand einen Eimer Fischdärme auf den Asphalt goss. Da wollte ich mich wirklich erbrechen.Bin ganz knapp dran vorbeigeschrammt.

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Esther ließ bei der Gelegenheit für 2000 Riel (ca. 50ct) zwei ihrer Hosen reparieren und wir verkrochen uns dann, leicht geschwächt von Hitze und Marktdämpfen, in ein vegetarisches Restaurant für einen Mittagssnack. Gemüsesushi für 7000 Riel (1,75 US$). Ging.

Und jetzt sind wir wieder hier, im Hostel. Heute abend geht es für uns in den Phare Ponleu Selpak, einen Zirkus der sozial benachteiligten Kindern eine Möglichkeit zur kreativen und sportlichen Selbstverwirklichung bieten will. Soll eine tolle Show sein, und die Motivation ist doch auch sehr lobenswert. In der Show sind übrigens keine Tiere teil der Performance. Nur mal so am Rande.

Joa. Lange Geschichte heute. Wer bis hierhin durchgehalten hat, dem sei gratuliert. Eigentlich wollte ich in diesem Post später auch noch über den Zirkus schreiben, aber ich denke, das veschieben wir lieber. Ahoi!

3 Antworten auf „Battambang“

Es ist immer wie ein Reiseroman, deine Posts zu lesen. So sind wir ein bisschen dabei. Und deine Fotos sind wirklich grandios. Kuss Mama

Du bist doch eine mutige junge Frau,Klara Toll Deine Berichte!!Und die Bilder!!! Beneidenswert.Es grüßt Dich Rosemarie Wendenburg

Hallo Frau Wendenburg!
Vielen, vielen Dank für die lieben Worte, ich freue mich ehrlich, dass Sie mitlesen 🙂
Liebe Grüße aus Phnom Penh, Kambodscha

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