Kategorien
Cambodia

Sihanoukville

Um 8:00 Uhr stand gestern unser Pick-Up vor dem Hostel. Unsere Sachen waren gepackt, also wurden die Rucksaecke geschultert und der Weg aus Phnom Penh heraus richtung Sihanoukville angetreten. Sihanoukville ist ein typisches Strandstaedchen wuerde ich sagen, und der beste Ausgangspunkt, um eine Faehre nach Koh Rong oder Koh Rong Samloem, die beiden Paradiesinseln Kambodschas, zu nehmen. Also setzten wir uns in den Fernbus, 5 Stunden Fahrt sollte es bis nach Sihanoukvill dauern. Nur sind wir hier ja in Kambodscha.

Das war dann gestern meine vierte Busfahrt seit ich in Asien gelandet bin, und ich glaube, ich muss mich einfach von dem Gedanken verabschieden, dass das eventuell irgendwann mal nach Plan oder wenigstens ohne groessere Zwischenfaelle klappt. Der Bus war mit 8US$ p.P. vergleichsweise guenstig gewesen, und so verzichteten wir zwar auf Toilette und Internet, doch hatten dafuer das grosse Vergnuegen, die ganze Fahrt ueber lautstark toenenden, kambodschanischen Karaokevideos zuzugucken. Die waren tatsaechlich eine echte Kulturstudie, muteten naemlich etwa genau so an wie das, was im Deutschland der Achtziger Jahre im Format „Formel Eins“ im Fernsehen lief. Oder vielleicht doch eher „Bong“aus der DDR. Ich weiss es nicht genau. Jedenfalls dachte ich erst „Mensch, da liegen die ja auch locker 30 Jahre hinter uns!“ und dann fiel mir ein, dass das vielleicht einfach die Art von Unterhaltung ist, die 40 Jahre nach dem Voelkermord gut ankommt. Dann waere Kambodscha ja etwa gleich auf mit Deutschland, nur eben leicht zeitversetzt.

Jedenfalls fuehrten die eineinhalb Stunden Stau in Phnom Penh dazu, dass ich mir diese Videos wirklich GANZ genau ansehen konnte. Und da die Kambodschaner ja fuer vieles bekannt sind, aber ganz sicher nicht fuer ihre Zurueckhaltung, konnte der junge Mann im Sitz neben mir irgendwann nicht mehr an sich halten und sang einfach mit. Das hatte allerdings keinen signifikanten Einfluss mehr auf die Durschnittslautstaerke, da die Frau vor ihm bereits dreissig Minuten zuvor begonnen hatte, per Freisprecheinrichtung zu telefonieren und drei Reihen hinter mir jemand in Ermangelung geeigneter Kopfhoerer einfach seine eigene Musik laut auf dem Handy laufen liess. Buntes treiben im Kambodschanischen Fernverkehr also. Ich, meinersets im Besitz funktionstuechtiger Kopfhoerer, stoepselte mir irgendwann die Ohren zu, lehnte mich zurueck und beobachtete das Wippen der Blaetter der 1,50m hohen Zimmerpflanze, die eine Dame von etwa Anfang 60 als Handgepack mit in den Innenraum des Busses gebracht und neben sich platziert hatte. Dann nickte ich weg.

received_1167641526601018

Bis sich mein Sitz auf magische Weise wieder aufrecht hinschob. „Komisch.“ dachte ich, und lehnte mich wieder zurueck. 20 Minuten spaeter das gleich Spiel nochmal. Und nochmal. Und nochmal. „Esther, ich glaube, mein Sitz ist kaputt, der bleibt nicht unten.“ „Hm, nervig.“ „Ja.“. Und so fand ich mich mit dem sich wiederholt verselbststaendigenden Bussitz ab und stellte ihn in regelmaessigen Abstanden wieder zurueck in eine zum doesen angebrachte Position. Irgendwann stieg der Mann hinter mir aus. Und fortan blieb der Sitz, wo er war.

Damit stellte sich heraus, dass mein Problem gar kein defekter Sitz, sondern ein perfides „Wer gibt zuerst nach“-Spiel mit einem halbwuechsigen Kambodschaner gewesen war, bei dem ich den Startschuss verpasst hatte. Sollte mir recht sein. Ich hab ja schliesslich gewonnen. Irgendwie.

Der naechste Stau ereilte uns etwa 10 Kilometer vor dem angepeilten Ziel. Ein Lastwagen war bei einem Ueberholmanoever umgekippt, was mich nicht im Geringsten wunderte. Ueberholen kann man hier immer, und tut es auch, egal, ob wer kommt. Dafuer gibt es ja eine Hupe und einen Gruenstreifen. Ueberholen geht so: Ausscheren, prophylaktisch zwei Mal kurz hupen. Sollte jemand von vorne kommen, noch mal drei Mal lange hupen, bis der zu ueberholende nach rechts und der entgegenkommende nach links ausweicht und dabei die Strasse verlaesst. Was bleibt ist eine freie Spur mittig auf der Fahrbahn fuer den Ueberholenden. Ganz einfach. Na jedenfalls war das einem Laster nicht allzu gut bekommen, und so standen wir bald in einer Traube von Fahrzeugen vor der Unfallstelle und warteten. Und warteten. Als es eine halbe Stunde spaeter endlich weiter ging, hatte die Frau hinter mir bereits begonnen, sich in regelmaessigen Abstaenden in eine loechrige Plastiktuete zu uebergeben. Geraeuschkulisse und Geruch waren eine wahre Freude, doch irgendwie konnte mich gestern dann gar nichts mehr schocken. 5 Minuten spaeter startete Kandidatin nummer zwei schraeg vor mir mit besorgniserregenden Wuerggeraeuschen. Wie gesagt. ich war durch mit allem.

Als wir irgendwann endlich aus dem Bus ausstiegen war mir klar: Jetzt bin ich mit allen Wassern gewaschen. Busse koennen mir nichts mehr anhaben. Und so freue ich mich schon jetzt auf die 14 Stunden im Nachtbus nach Saigon.

In Sihanoukville brachten Esther und ich uns wieder im Onestop Hostel unter. Nach kurzer Pause entschieden wir uns dazu, den Umstand, dass wir endlich am Meer waren fuer einen Strandspaziergang zu nutzen. DAS tat vielleicht gut. Barfuss im Sand durchs Wasser laufen – herrlich! Besonders nach den vielen Staedten, in denen ich mich in den vergangenen Tagen herumgetrieben habe.

Processed with VSCO with a5 preset

Processed with VSCO with a5 preset

Abendessen gab es im DAO of Life, einem rein veganen Restaurant mit einem unglaublich grossartigen Menue. Fuer mich gab es angebratenes Gemuese auf frischem Spinat mit Balsamico-Senf-Dressig und geroesteten Cashews (ENDLICH mal wieder was frisches!!!) und fuer Esther Sandwich mit hausgemachtem Cashew-Kaese, Spinat und Avocado. Geil war das. Ja, sagt man nicht, weiss ich. Aber es WAR nunmal geil.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Auf dem Rueckweg guckten wir noch bei einem Spa vorbei, die Fuesse strandfertig machen, und dann ging es auch bald wieder in die Federn. So.

Heute sollte es eigentlich losgehen nach Koh Rong, doch das Wetter hat uns leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Deshalb sitze ich seit dem Erwachen im Gemeinschaftsraum des Hostels und zaehle die Stunden. Es ist zwar warm wie immer, aber regnet durchgaengig – und darauf ist der Ort hier wirklich nicht ausgelegt. Hoffentlich schaffen wir es morgen auf die Insel. Ich lass es euch wissen!

3 Antworten auf „Sihanoukville“

Du schreibst schön, Klara.
Für mich als ob ich dabei wäre! Ich kenne nur Busse in den Philippinen davon aber sehr viele….. Alles so ähnlich. Karaoke War da schon vor 20 Jahren der Hit. Übrigens War mein Kraftfahrer unser bester Sänger.
Wenn ich ihm ne Freude machen wollte, dann hielten wir in einer Mall in Manila an, wo diese Maschinen rumstanden.
Ich bezahlte und Lauro durfte ein paar Hits singen. Anzahl abhängig davon, wieviel Geld ich spendierte. LG Inge

Liebe Inge,
ich freue mich riesig, dass dir meine Beiträge gefallen und dass ich dich vielleicht ein bisschen virtuell dabei habe.
Bis hoffentlich bald!
Klara

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert