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Cambodia

Koh Rong

Nachdem wir vorgestern gezwungenermassen einen verregneten Tag in Sihanoukville fristeten, ist e suns gestern endlich gelungen, nach Koh Rong zu kommen. Und es ist das Paradies. Passiert ist das alles so:

Morgens um 8 verliessen wir frohen Mutes das Hostel und liessen und wieder im DAO of Life nieder, dieses Mal bekamen wir sogar Fruehsueck. Hausgemachtes Granola mit frischer Mango und selbst hergestellter Cashewmilch fuer mich, eine Smoothiebowl und einen Gemuesesaft fuer Esther. Was will man mehr. Leider gerieten wir noch beim Essen leicht in Zeitnot, und so baumelten auf unserem Weg zum Pier nicht nur unsere vier Rucksaecke, sondern auch zwei Plastiktueten mit dem Rest unseres Fruehstuecks an uns.

Am Pier herrschte heller Aufruhr, ueberall Menschen, Angestellte der Faehrgesellschaft, Urlauber, Verkaeufer, Polizisten, und von oben Sonne. Versteht mich nicht falsch, das ist jetzt keine Beschwerde, schliesslich hatten wir genau auf diese Sonne den ganzen letzten Tag lang gewartet. Aber in dieser Situation war sie nunmal nicht gerade angenehm. Nach ca. 15 Minuten des wartens ging es dann irgendwann los, und wir boardeten, wie immer auf abenteuerliche Weise, die Schnellfaehre zu den Inseln. Hier gibt es im Uebrigen keine Gangway oder gar ein Brett, ueber das man laufen koennte. Ist ja auch ueberfluessig. Hier wird einem der Rucksack abgenommen und dann steht man am Rande des Steges und beobachtet, wie das Boot vor einem im Wellengang 1,5 Meter hoch und wieder runter wippt, mit gelegentlichem Aufprall am Fender, der in Wahrheit nu rein ausrangierter Autoreifen ist, und wir vom Bordpersonal freundlich gebeten, doch jetzt endlich die Faehre zu betreten. Aber gut, auch das bin ich mittlerweile gewohnt, also Augen zu und springen. Hat geklappt. Ich war auf der Faehre.

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Esther folgte wenig spaeter auf dieselbe Weise, wir nahmen unsere Plaetze ein und packten uns in die leicht angemoderten Schwimmwesten auf unseren Sitzen, weil das jeder so zu handhaben schien. “Seltsam” dachte ich noch “sonst ist hier alles egal, was Sicherheit angeht, und ploetzlich muessen wir Schwimmwesten tragen…?” Das kam mir doch reichlich inkonsequent vor. Doch wie so oft sollte sich auch dieses Raetsel wenige Minuten spaeter loesen, und zwar als alle Polizisten von Bord gegangen waren und wir den Hafen verliessen. Da hatte dan ploetzlich niemand mehr eine Schwimmweste an. Nun gut.

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Es folgte eine wilde Fahrt durch eher nicht so ruhige See. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf die Schiffsmotorengeraeusche hinter mir, die eher klangen, als wuerden sie von einer Flugzeugturbine herruehren. Die ersten beiden Stops der Faehre waren zwei Straende der Insel Koh Rong Samloem, der kleinen Schwester von Koh Rong, und bei Stopp Nummer drei, Koh Rong Main Peer, durften wir nach 1 ½ Stunden Fahrt wieder Land betreten – und trauten unseren Augen kaum.

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Koh Rong war von Anfang an in jeder Hinsicht die Paradiesinsel, die wir uns erhofft hatten. Es reihte sich eine Strandbar an die andere, das Wasser war tuerkis, der Himmel blau mit gelegentlichen weissen Tupfern, der Strand weiss und der Wald satt gruen. Im Hafen schaukelten ein paar Fischerboote auf und ab, von irgendwoher drang aus Lautsprechern Reggae. Wir waren uns sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

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Am Ende des Steges wartete ein junger Kambodschaner auf uns, in der Hand ein Schild, auf das mit rosa Kreide Esthers Name geschrieben war – unser Wassertaxi.

“Hallo. Ihr nach Coconut Beach?”

“Ja, genau. Wie viele Personen sind wir den?”

“Noch zwei.”

“Ah ja. Also wir und noch zwei?”

“Nein.”

“Sondern?”

“Ihr zwei. Du und du. Mehr nicht.”

“Oh. Nur wir zwei? Wie teuer ist denn dann das Taxi…?”

“Zwanzig Dollar.”

Toll. Na. Das hatte uns schon geschwant. Ein Wassertaxi, ausgelegt fuer zwanzig Leute, fuer nur zwei Gaeste in Bewegung zu setzen, war Weiss Gott keine guenstige Angelegenheit. Und wir bekamen jetzt die Quittung dafuer, dass wir uns ausserhalb der Saison zu zweit an einen abgelegenen Strand hatten begeben wollen.

Aber gut, wir hatten keine Wahl, und Handeln war offenbar nicht drin. Und so kostete uns der Weg zum Coconut Beach jeweils noch mal so viel, wie wir sonst fuer eine bis zwei Naechte im Hostel bezahlten. Dumm gelaufen.

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Aber dafuer war die Fahrt wunderschoen. Wie bereits erwaehnt waren Esther und ich alleine auf dem Boot und tuckerten gemuetlich durch den Sonnenschein um die gruene Insel herum, bis wir nach etwa einer halben Stunde Coconut Beach erreichten. Da gab es keinen Anleger, und so hielt unser Wassertaxi einfach irgendwann irgendwo im Wasser an. Vom Strand her kam Robbie, unser Gastgeber, zu uns gewatet und schulterte unsere Resierucksaecke, wir sprangen unsererseits vom Boot aus ins Nass und liefen durch kniehohes Wasser hinter unseren Rucksaecken her. Robbie war super nett und der fuelligste Kambodschaner, den ich bis dahin gesehen hatte.

“Hier ist euer Zelt.”

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Robbie grinste. Esther und ich hatten ein Zelt am Strand gebucht, also, mit richtiger Matratze drin und Bettzeug und so weiter. Aber eben ein Zelt. Das war guenstig gewesen und wir fanden die Idee, auf einer Paradiesinsel am Strand zu zelten einfach toll. War sie auch, wie sich herausstellte.

Wir verstauten also unsere Rucksaecke im Zelt und assen an der Bar einen Happen zum Mittag, bevor wir uns in unsere Bikinis schmissen uns zum Strand gingen. Also, die 20 Meter gingen, die der Strand von uns entfernt war.

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Das Wasser war herrlich. Ganz vorne fast ein bisschen warm, doch als es uns bis zum Bauchnabel ging war die Temperatur perfekt. In den folgenden zwei Stunden lag ich abwechselnd auf meiner Strandliege im Schatten oder auf der Wasseroberflaeche treibend herum, guckte gelegentlich in den Himmel und fragte mich wiederholt, womit ich sowas eigentlich verdient habe. Mir sind uebrigens ein paar Sachen eingefallen. Nur mal so am Rande. Trotzdem bekam ich hinterher noch eine saftige Rechnung fuer diesen Strandaufenthalt: Ich Kalkwand war trotz mehrmaligen Eincremens mit 50+ Sonnenschutz komplett und gleichmaessig verbrannt. Alles. Alles, wo kein Bikini war, war gestern und ist auch heute noch krebsrot und brennt wie Feuer. Einziger Vorteil an der Sache ist wohl, dass ich eventuell mal ein bisschen Farbe bekomme. Bin nicht ganz sicher, ob das das erhoehte Hautkrebsrisiko wert ist, aber gut. Aendern kann ich es jetzt wohl nicht mehr.

Nach dem Strand ging es fuer mich gestern jedenfalls an die Bar. Erst natuerlich unter die Freiluftdusche unter dem groessten Baum auf Koh Rong, damit  ich unter der sonst entstehenden Salzkruste nicht vollends vertrockne. DANN aber an die Bar.

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Am Coconut Beach gibt es kein Internet. So sass ich mit einer alten, englischsprachigen Zeitschrift, einem Glas Wasser und meinem Reisefuehrer knappe 2 Stunden lang in einem der Sessel, las, trank, schrieb in mein Notizbuch und genoss die Aussicht auf das glasklare Wasser und die Palmen. Praktisch zum entspannen gezwungen. Einfach toll. Als es dunkel wurde, bestellten wir bei Robbies Frau Abendessen und unterhielten uns sehr nett mit einem Paerchen, das neben uns am Tisch sass. Zwei Briten, die vor 8 Monaten auch einfach ihre Jobs gekuendigt und ihre Rucksaecke gepackt hatten… ihr kennt die Story mittlerweile. Gut gesaettigt wagten wir dann den Abstieg von der Bar zurueck runter an unser Zelt und das Meer, wo bereits ein Lagerfeuer und zwanzig Kerzen brannten und Bob Marley im Hintergrund lief. Robbie hatte wirklich ein Gefuehl fuer Romantik, so viel stand fest.

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“Wir lassen jetzt chinesische Laternen steigen, dann gehen wir das Plankton angucken.” Sagte er, grinste breit und drueckte Esther und mir eine dieser Papierlaternen in die Haende, bei denen man unten ein kleines Stueck Brennstoff entzuendet, bevor sie dann wie ein Heissluftballon gen Himmel schweben. Auf unserer Laterne stand “I love you!”, darunter war ein sich kuessendes Paerchen gezeichnet. Esther und ich lachten kurz, schmiedeten semi-ernst gemeinte Hochzeitsplaene, ueberlegten uns jeweils einen Wunsch, liessen die Laterne steigen und sahen ihr nach, bis sie irgendwann im naechtlichen Sternenhimmel ueber Koh Rong verschwunden war. Das war schon einfach schoen. Genau so wie der Sternenhimmel selbst uebrigens, denn es gibt auf Koh Rong gimmer nur zu bestimmten Zeiten Strom. So kann man ganz hervorragend bei absoluter Dunkelheit und ohne Lichtverschmutzung den Nachthimmel beobachten. Und noch etwas geht auf Koh Rong besonders gut bei absoluter Dunkelheit.

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“Jetzt koennt ihr euch umziehen. Wir gehen zum Plankton.” Wies Robbie uns an, und wir leisteten folge, so wie auch ein anderes Paerchen, welcher gerade zu Robbies Gaesten zaehlte. Schliesslich wollten wir alle unbedingt das Plankton sehen. Was das ist? Passt auf:

Wir wateten im schein von Robbies Taschenlampe den Strand entlang bis zu einer Stelle, an der man ohne sich, blind wie man im Dunkeln war, die Zehen an Steinen zu stossen ins Wasser gehen konnte. Allein das war schon ein Erlebnis. Alles war – nun ja, wie bereits erwaehnt – dunkel, das Wasser war teerschwarz und ueber uns spannte sich der Sternenhimmel. die Geraeuschkulisse bestand nur aus dem leisen Plaetschern kleiner Wellen am steinigen Ufer und aus den Rufen verschiedener Voegel und der Makaken, die im Urwald von Koh Rong leben. Aber im Wasser vor der Insel gibt es eben noch was anderes, ganz besonderes zu beobachten.

Biolumineszentes Plankton. Plankton, das bei Bewegung im Dunkeln leuchtet. Das marine Aequivalent zu Gluehwuermchen sozusagen. Und so liefen wir immer weiter ins Wasser, bis uns auch der Schein des Lagerfeuers nicht mehr stoerte, und beobachteten den Zauber, der sich uns im Wasser um uns herum darbot. Wann immer wir uns bewegten, tauchten tausend kleine Sterne an unseren Haenden und Fuessen auf und liessen es aussehen, als waeren wir gerade von einer Disney-Fee verzaubert worden. Wir wirbelten herum, sprangen auf und ab, zogen mit den Fingerspitzen Muster in die spiegelglatte Wasseroberflaeche. Es war Magie. Richtig echte Magie. Und wunder, wunderschoen.

Jetzt hoere ich aber auf mit dem Geschnulze. Bildmaterial gibt es davon leider keines.

Zurueck am Lagerfeuer duschten wir uns kurz ab und liessen uns von den Flammen trocknen, bevor wir uns wieder unsere Shirts ueberzogen und mit den restlichen Gaesten bei Kerzenlicht an einem Tisch am Strand sassen. Im Hintergrund lief noch Musik, und da wir ja alle kein Internet hatten, fingen wir an, Kartenspiele zu spielen. Wie in den guten, alten Zeiten und JEDEM Reisefilm der jemals gedreht wurde. Es war ein Traum.

Wir hatten einen unendlich witzigen, freudigen, geselligen Abend mit tollen Menschen und guter Musik und ich war mir sicher, bis dahin in jeder Situation die richtige Entscheidung getroffen zu haben – schliesslich hatte mich die Summe all meiner Entscheidungen ja gerade an diesen Ort gebracht, an diesem Abend, mit diesen Menschen, und das war durchweg gut.

Upps.

Ich wollte doch aufhoeren mit den Schnulzen.

Jedenfalls schlief ich gestern sehr seelig ein, und wachte heute morgen zu den selben Dschungelgeraeuschen auf, die uns gestern durch das naechtliche Wasserwaten begleitet hatten.

Nach einem guten Fruehstueck und zwei Stunden Haengematte sitzen Esther und ich jetzt gerade wieder am Hauptanleger von Koh Rong, das Wassertaxi hat uns vorhin wieder hergefahren. Wir warten auf die Schnellfaehre, die gerade eine Stunde verspaetung hat und uns wieder nach Sihanoukville bringen soll, von wo aus wir mit dem Nachtbus nach Saigon fahren. Ja, mit dem Nachtbus. Wir wagen es nochmal. Vielleicht klappt es ja dieses Mal ohne panne (sagte sie hoffnungsvoll, obwohl sie ihren eigenen Worten keinen Glauben schenkte).

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8 Antworten auf „Koh Rong“

Wow, sieht das schön aus! 🙂 Und du machst richtig tolle Bilder!
Wir blicken hier mit Sorge aufs Wetter (übermorgen ist CampusFest…) Nächstes Jahr wirst du wieder mit dabei sein.
Liebe Grüße aus Werni, Feli

Oh Feli, wie lieb <3
Ja, ich sah Besorgnis erregende Bilder - doch im nächsten Jahr wird alles besser, weil ich dann wieder dabei bin 😉 😛
Alles Liebe aus Saigon,
Klara

Hallo Klara,
sehr schön wie du das alles beschreibst, wie du das erlebst usw….die Bilder sind auch sehr sehr schön!!! *-* Ich denke, die Leute die nicht nach Vietman oder allgemein Asien fahren/fliegen (usw.) können, bekommen dadurch einen guten Blick darauf, wie es dort sein könnte. 🙂 Andererseits gibt es jetzt auch Leute, die deshalb auch dahin reisen um das alles auch mal selbst zu sehen. Allgemein sehr sehr schön!!

MfG Lara 7.3 (A)

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