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Paris, Part I

Langes Wochenende, keine Vorlesungen, Klara muss raus. Ein wiederkehrendes Schema, welches euch ja bereits bekannt vorkommen dürfte. Dieses mal verschlug es mich zum mittlerweile dritten Mal nach Paris, wo ich gerade in diesem Moment mit ausgestreckten Beinen auf einem Sofa in einer Altbauwohnung sitze und mich von einem langen Tag in der Stadt erhole. Was bis hierher geschah, lest ihr jetzt.

Am Donnerstag Mittag ging es los. Ich hatte ja bereits vor einiger Zeit den Flug gebucht, in welchen ich mich jetzt setzte und wie geplant von Tegel nach Paris flog, wo die gute Inge bereits auf mich wartete. Aufgrund des günstigen Preises war es mir leider nicht vergönnt gewesen, mir einen selbst ausgeuchten Platz zu reservieren (ich präferiere aufgrund meiner von Freunden so genannte Dackelblase grundsätzlich Sitze am Gang) und saß daher die eineinhalb Stunden Flug am Fenster, was mir zwar schöne Aussichten bescherte, bei dem Pärchen neben mir aber für eine Nervenprobe sorgte. Ich musste halt ab und wann mal raus. Da kenn ich nichts.

Egal, irgendwann war ich in Paris, wo es regnete. Ich suchte mir den richtigen Zug, stieg ein und fünfzig Minuten später bei Inge wieder aus. Wir nahmen uns in den Arm – Wir beide! Hier! In Paris! – und liefen in die für uns vorgesehene Wohnung. Inge hat Freunde in Paris, und die sind gerade verreist, weshalb wir freundlicher Weise ihr Apartment beziehen durften. Ich schmiss meine Sachen ab, wir gingen Einkaufen (Hafermilch, Haferflocken, Banane – ich war happy) – und verschwatzten uns. Um 19:00 Uhr sprang ich erschrocken auf – wir hätten uns längst fertig machen müssen!

Inge hatte bereits vor Wochen Karten für das Orchestre de Paris in der Philharmonie de Paris besorgt. Um 20:30 Uhr sollte es losgehen, und wir brauchten eine knappe Stunde von unserer Haustür zum Ort des Geschehens. Also wurde sich schnellstmöglich in Schale geschmissen, der Lippenstift nachgezogen, die hohen Schuhe rausgeholt und ab ging die Post, im gestreckten Galopp in die Metro zur Philharmonie.

Dank dieser rekordschnellen Herrichtung unserer selbst gelang es uns, mit noch gut zwanzig Minuten Puffer anzukommen. Wir schlenderten um das Gebäude herum, in das Gebäude hinein, auf das Gebäude herauf und freuten uns an der wunderbaren Architektur – innen wie außen. Das ist ja unsere große gemeinsame Liebe – Moderne Kunst und Architektur – weshalb Inge und ich quasi aus dem Lachen nicht mehr herauskamen. Hier war es schön, da war es noch schöner, und zu allem Überfluss beleuchtete die untergehende Sonne die Philharmonie auch noch in wundervollstem, orangerotem Licht. Besser konnte es schon kaum noch werden – und da hatte das Konzert noch nicht mal begonnen.

Das Orchester spiele Brahms und Tschaikowski bis 23:00 Uhr, und – was soll ich sagen. Es war sa-gen-haft. Inge und ich hatten beste Plätze, erste Reihe Loge, hinten über dem Orchester. Der Saal war voll, das Publikum absolut begeistert, so sehr sogar, dass es dem Pianisten, welcher Brahms Klavierkonzert zum Besten gegeben hatte, nicht nur eine, sondern gleich zwei Zugaben abapplaudierte. Das muss man erstmal schaffen bei einem klassischen Konzert.

Nach Konzertchluss waren wir müde. Inge und ich schlenderten Arm in Arm auf demselben Wege zurück auf dem wir auch gekommen waren, und fielen, nachdem wir zu Hause noch schnell ein paar technische Probleme gelöst hatten (die Hauptsicherung für die Küche war offensichtlich rausgesprungen) tot um. Na ja. Oder zumindest erstmal ins Bett, für eine sehr geruhsame Nacht. Man bedenke, am Morgen des selben Tages war ich noch auf meiner Matratze in Berlin Moabit aufgewacht, und nun lag ich hier, in einem Bett in Paris. Das fasziniert mich immer wieder. Verrückte Welt.

Gestern startete der Tag mit einem ausgedehnten Frühstück (ich hatte ja alles nötige für den bei mir so beliebten Porridge beisammen) und fand dann zum allergrößten Teil im Musée Rodin statt. Mit Grund: Anselm Kiefer stellte aus. Oder war ausgestellt. Na jedenfalls konnte man Kunst von Anselm Kiefer sehen, und der ist mir ja einer der Liebsten. Seit seiner Arbeit „Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“, einer Interpretation zu Immanuel Kant, welche mich schon vor Jahren schwer fasziniert hatte, war Anselm mein Freund. Also, im Geiste. Inge ging es offenbar ganz ähnlich, und so wanderten und wunderten wir in der Ausstellung „Kiefer-Rodin“ herum und freuten uns wie kleine Kinder ob dieser großartigen Kunst. Das war sie nämlich. Großartig. Ganz, ganz großartig.

Außerdem arbeiteten wir uns natürlich durch die Gärten und ließen uns, wann immer möglich, die immer mehr an Kraft gewinnende Sonne auf die Bäuche scheinen. Der Denker dachte, und wir dachten mit, vor allem an das ganze Glück, das wir da schon wieder hatten. Nachdem dann auch noch die Dauerausstellung im Musée Rodin besichtigt worden war, war es hab vier Uhr nachmittags, und wir erliefen uns noch ein bisschen die Pariser Innenstadt.

Das schöne ist ja nun, dass sowohl Inge als auch ich bereits mehrmals vorher in Paris waren und dahier beide nicht mehr so richtig den Drang verspüren, hier noch irgendwelche Hauptattraktionen zu besichtigen. Den Blick von der Spitze des Eiffelturms dufte ich bereits zwei Mal bewundern, das reicht, und Notre-Dame, Louvre, Arc de Triomphe und Konsorten wurden ebenfalls in der Vergangenheit bereits ausreichend begutachtet. Deshalb sind wir hier sehr entspannt und machen einfach, was uns gerade so vor die Nase fällt. Das war im gestrigen Falle nun das Roue de Paris. Ein Riesenrad.

Ja gut. Ist auch touristisch, meinetwegen. Aber auch schön. So. Und wir waren immerhin hingelaufen. Vorbei am Musée de l’Armée, an der Pont Alexandre III über die Seine, mittendurch zwischen Grand und Petit Palais und an der Champs-Élysées rechts runter bis zum Place de la Concorde, wo nunmal dieses Riesenrad einfach so einladend herumstand, und dafür konnten wir ja nun herzlich wenig. Inge lud ein, und kurze Zeit später saßen wir zwei Parisern gegenüber und bewunderten Paris von oben. Hat ja was von Freilichtmuseum, diese Stadt.

Wieder auf dem Erdboden angekommen wanderten wir weiter in der Stadt herum, pausierten kurz für einen Snack und kamen via L’église de la Madeleine irgendwann im Printemps an, weil wir so gerne nochmal von oben auf die Stadt gucken wollten. Kann man ja nie genug kriegen, so gute Aussichten.

Da es sich beim Printemps ja nun bekanntlich um ein Kaufhaus handelt, wollte Inge noch ein bisschen bummeln, ich hingegen wollte nach Hause und setzte mich ab. Fuhr mit der Metro quer durch die Stadt, kaufte ein Baguette und wanderte damit unterm Arm in unsere Wohnung. Französischer wird es auf diesem Trip wohl nicht mehr.

Ich aß also zu Abend, und irgendwann trudelte auch Inge wieder ein, um ihrerseits zu Abend zu essen. Wir führten Buch über unsere Erlebnisse und unterhielten uns dabei, werteten die Fotos vom hinter uns liegenden Tage aus und verschwanden irgendwann wieder in unserem Bett. Erflogreich also auch Tag Nummer zwei.

Heute morgen mussten wir um 10 Uhr die Wohnung verlassen, denn wieder hatten wir Eintrittskarten, die benutzt werden wollten, dieses Mal für die Fondation Louis Vuitton. Der 2014 eröffnete Bau des wunderbaren Architekten Frank Gehry musste von uns Architekturverrückten natürlich dringend besucht werden, keine Frage. Leider gab auf dem Weg dahin meine Kamera, meine geliebte Kamera, ihren Geist auf. Supergau.

Vermutlich ist es das Objektiv, was nicht funktioniert. War mir in diesem Moment aber egal, ich war auf dem Weg zum wohl monumentalsten Gebäude, welches ich in meinem Leben bisher gesehen hatte, und meine KAMERA GING NICHT. An dieser Stelle möchte ich mich also für die Qualität der Bilder entschuldigen. Es durchzuckte mich jedes mal ein physischer Schmerz, als ich zur Darstellung dieses einzigartigen Baus nichts anderes nutzen konnte als meine – ja, es ist wahr – Handykamera. Ich hätte diesen Eintrag hier gerne besser bebildert. Aber man tut eben, was man kann.

Na jedenfalls ging Inge und mir das Herz auf. Was gute Architektur mit einem machen kann ist schon verrückt, das ist ohne Frage Kunst. Ihr kennt ganz sicher auch einige Gebäude von Gehry, verrückter Typ. Einige Beispiele sind die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, das Guggenheim-Museum in Bilbao, der Gehry-Tower in Hannover oder der Facebook-Campus. Die Louis Vuitton Foundation kann was. Ich weiß nicht, wie das funktioniert, ich weiß nur, dass es funktioniert. Dass man da drin steht, total begeistert und überwältigt und glücklich und zufrieden. Da fehlen einem die Worte. So wie mir jetzt hier auch. Erfreut euch einfach an den wundervollen Handybildern. So gut es geht.

Doch nicht nur die Architektur gab es da heute zu bewundern. Also, was heißt „nur“, das hätte natürlich dicke gereicht, aber wir hatten nunmal das Glück, auch gleich noch die „Art/Afrique“-Kunstausstellung in der Foundation besichtigen zu dürfen. Die war riesengroß und großartig kuratiert und noch dazu in Räumlichkeiten gelegen, an denen man auch unter größter Anstrengung nocht den kleinsten Makel entdecken konnte. Bei diesem Bauwerk war nun wirklich nichts dem Zufall überlassen worden, und so wirkte die Kunst, die darin ausgestellt wurde, nochmal doppelt so gut. Wir genossen also auch diese Ausstellung in vollen Zügen – und mit Mittagspause im hauseigenen Restaurant.

Das war ja noch eine ganz eigene Erfahrung. Es handelte sich bei diesem Restaurant nämlich um eine dieser Gastronomien, in denen es alles“an“ und „auf einem Bett von“ und mit einem „Schaumkcremesüppchen aus“ gab, und nichts, was weniger kostete als meine monatliche Handyrechnung. Wieder lud Inge, meine liebe Inge, ein. Ich hab einfach ein Sauglück Freunde, ehrlich. Das teilte ich Inge auch gleich mal mit. Und der Bedienung teilte ich mit, dass ich vegan war. Ich glaube, Inge freute sich mehr über die ihr zugedachte Nachricht als die Bedienung sich über die ihre.

Dem Koch sei Dank hatte ich dann aber wirklich ein herausragend gutes Mittagessen. Einfach lecker. Und das trotz erzwungener Improvisation. Selbst der Espresso danach schaffte es unter die top ten Espressi meines Lebens. Und glaubt mir, ich hatte viele Espressi. Espressos. Espressi. Ihr wisst schon. Laut Duden geht beides.

Nach sechs Stunden verließen Inge und ich den Bau das erste Mal wieder, und schritten ein wenig durch den angeschlossenen Jardin d’Acclimatation. Der war prall gefüllt mit Familien, die ihren Samstagnachmittag hier verbrachten, picknickend, die Kinder spielend, Eisenbahn oder Tretboot fahrend, Trampolin springend, in jedem Fall aber Kinderwagen schiebend. Da fühle ich mich so fehl am Platz, ich kann es kaum in Worte fassen. In etwa wie ein Investmentbanker auf dem Woodstock, oder auch ein Hippie bei Goldman Sachs. Jedenfalls deplaziert, weshalb wir den Garten auch ziemlich schnell hinter uns ließen und die Metro in die Innenstadt nahmen. Wir mussten ja noch ein bisschen laufen, die 10 000 Schritte am Tag wollen ja gegangen werden.

Wir kamen an Les Halles vorbei, am Centre Pompidou (muss morgen dringend besucht werden) und schließlich am Hôtel de Ville, von wo aus wir den Bus nach Hause nahmen. Es war kurz nach sechs und wir waren angenehm müde, hatten ja für heute auch genug gesehen.

Joa. Und jetzt sind wir wieder hier. Haben mittlerweile zu Abend gegessen – Inge hat einen tollen Salat gemacht, ich durfte mich bekochen lassen! – und notieren wieder alles wichtige. Noch so eine gemeinsame Leidenschaft: Die Freude am geschriebenen Wort. Inge macht Notizen in ihr Heftchen – und ich tippe heute mal diesen Blogpost. Morgen geht es weiter. Hoffentlich mit ganz viel Kunst. Und Baguette.

Eine Antwort auf „Paris, Part I“

Hallo Klara wir ha ben deinen Reisebericht mit großer Freude gelesen und finden die Fotos auch sehr schön. Deine Karte hat uns sehr gefreut und ich habe versucht mit dem Smartphon darauf zu antworten. Das klappt aber noch nicht so gut deshalb schreibe ich nochmal auf dem Laptop. Wir haben heute die Skyline seetüchtig gemacht und Oma hat das Unterwasserschiff gestrichen. Sie konnte es einfach nicht mehr abwarten. Nun muß der Sommer ja kommen. Liebe Grüße bis bald Oma und Opa

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