Kategorien
Laos

Luang Prabang Part I

Da sitze ich nun, in Laos. So schnell kann es gehen. Wie ich hier her gekommen bin? Das hat ein bisschen gedauert. Also.

Am Sonntag Nachmittag schleppte ich mich zum Bahnhof in Chiang Mai. Ja, ich schleppte mich, denn meine Erkältung war mittlerweile in vollem Gange, mir war schlecht, ich hatte Fieber und wusste gar nicht mehr so recht wohin mit mir. Das Timinig war nicht gerade herausragend um krank zu sein. Doch es half ja nichts. Zug und Flug waren gebucht, also ging es los.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Die Zugfahrt war überraschend agenehm. Mein Bett war groß und sauber, nur die Nähe zu den Toiletten und der damit verbundene, beißende Uringeruch waren eine Unannehmlichkeit, die es zu ertragen galt. Ansonsten alles supi. Die Toiletten selbst waren ein Loch im Boden. Und das meine ich sehr wörtlich. Während man da nämlich so hockte und sein Geschäft verrichtete, konnte man unter sich die Bahngleise vorbeisausen sehen – eine sehr direkte Art und Weise, sich menschlicher Ausscheidungen zu entledigen.

Processed with VSCO with a5 preset

Da ich wie gesagt leicht fieberte, schlief ich in jener Nacht trotz gemütlichen und sicheren Bettes nicht so richtig. Ich nickte immer mal wieder weg, wachte wieder auf, döste ein, wachte auf – wie das immer so ist. Und schließlich taumelte ich, um 5 Uhr morgens und in totaler Dunkelheit, auf das Bahngleis vor dem Don Muang Flughafen in Bangkok.

Wie immer war all mein Hab und Gut auf meinen Rücken geschnallt, und so manövrierte ich mich durch diverse Über- und Unterführungen zum Internationalen Terminal 1. Fand drei Freie Stühle, legte meine Beine auf meinen Rucksack und schlief, bis ich um 7:30 Uhr beim besten Willen keine Position mehr zu finden schien, die mir nicht innerhalb der nächten zehn Minuten das Rückgrad brechen würde.

Mein Fieger sollte um 14:10 Uhr abheben, ich hatte also gut Zeit, mich ein wenig im Flughafen umzusehen – und ich brauchte Kaffee. Also trottete ich los.

30 Minuten und 8 Coffeeshops später war ich der Verzweiflung nahe. Niemand, aber wirklich niemand hatte Sojamilch – oder sonst irgendeine Milch, die nicht dem Euter einer geschändeten Kuh entstammte. Doch wie ihr alle wisst ist mein voller Name ja Klara MacGyver Strube, also klapperte ich in den folgenden zwanzig Minuten alle Conveniencestores ab, die ich finden konnte. Und in Laden Nummer drei fand sich dann schließlich, ganz unten rechts im Kühlschrank, eine winzige Menge winziger Packungen Sojamilch. So welche in winzigen Tetrapacks mit winzigen Strohhalmen, aus welchen winzige Menschen winzige Mengen Sojamilch trinken können. Sojamilch ist hier, wie ich bereits mal erwähnt hatte, ein getränk für sich, und so hat man als Kind die Wahl zwischen Orangensaft, Cola und Sojamilch. Jedenfalls kaufte ich zwei der Miniaturpackungen für umgerechtnet ca. 70 Cent und wackelte zurück zu dem Coffeeshop, in welchem die Bedienung das beste Englisch gesprochen hatte.

„Hallo. Ich nochmal. Ich hab jetzt Sojamilch!“

Ich hielt ihr meine neueste Errungenschaft unter die Nase, woraufhin die nette Dame laut zu lachen anfing, sich zum Barista umdrehte, ihn auf vietnamesisch darüber aufklärte, was sich gerade abgespielte, woraufhin beide in schallendes Gelächter ausbrachen. Ich ließ mich nicht beirren und führte meinen Monolog fort.

„Könnten Sie mir hiermit vielleicht einen Kaffee Latte machen…?“

„Ja klar, kein Problem.“

bestätigte die Bedienung und nahm die zwei Tetrapacks Sojamilch entgegen

„Und Sie bezahlen nur den halben Preis, schließlich haben Sie ihre Milch selbst mitgebracht.“

Na. Das war doch mal ne Ansage. 70 Cent für Sojamilch ausgegeben und einen Euro beim Kaffeekauf gespart. Vielleicht sollte ich das öfter mal probieren.

Am Ende bekam ich, eine volle Stunde nachdem ich begonnen hatte, mich auf die Jagd nach einem Kaffee zu begeben, einen wundervollen Kaffee Latte mit Sojamilch serviert, inklusive eines kleinen Kännchens des aufgeschäumten Rests meiner mitgebrachten Milch. Wundervoll. Ich hatte lange keinen Kaffee mehr so genossen.

IMG_20160718_084210

Eine ähnliche Odyssee spielte sich ab, als ich versuchte, unfrittiertes, veganes Essen aufzutun. Schlussendlich gab es zum Frühstück eine kleine Gemüsepizza ohne Käse – besser als nichts. Bevor ich durch die Grenzkontrolle ging (immer wieder ein spannendes Unterfangen) stoppte ich noch beim Schalter eines Reiseunternehmens und buchte meinen Trip von Bangkok nach Koh Tao, welchen ich nach meiner Rückkehr aus Laos unternehmen wollte. Und schließlich saß ich eine Stunde vor Boarding am Gate, in einer Hand einen frischen Orangensaft, in der anderen einen SOJALATTE! HAHA! Wie sich herausstellte, gab es hinter der Handgepäckkontrolle im Flughafen Don Muang einen Starbucks. Da konnte ich dann nicht widerstehen. Ausserdem war es ja schon wieder ein Uhr Mittags.

Mein Flug war leicht verspätet, verlief sonst aber sehr ruhig und brachte mich sicher innerhalb einer Stunde nach Luang Prabang, Laos.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Ich war schon bei der Landung in die Landschaft verliebt, und meine Liebe für das Land entwickelte sich nur sehr kurze Zeit später – als ich mit meinem druckfrischen Visum im Reisepass vor dem winzigen, unmodernsten Flughafen der Welt in die schwüle Hitze Luang Prabangs trat.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Ich weiß nicht, was es ist. Ich hatte mich auf seltsamem Wege in Kambodscha verliebt, als ich dort gewesen war, und dasselbe schien gerade mit Laos zu passieren. Ich möchte mir unheimlich gerne mal einfach irgendwann sechs Wochen Zeit nehmen und nur durch die ländlichen Gegenden Laosˋ und Kambodschas tingeln. Das muss so wundervoll sein.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Ich nahm ein Taxi zu meinem Hotel und checkte in mein Einzelzimmer ein. Das war nicht viel teurer gewesen als eine Hostelunterkunft, und ich wollte mit Erkältung und Fieber gerade keine Menschen um mich herum haben, zumindest nicht Nachts. Ich duschte mich kurz und lief los zum Nachtmarkt. Ich war nämlich verabredet.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Treue Blogleser erinnern sich vielleicht an Claudia. Die hatte ich damals in Hanoi in einem veganen Resaurant getroffen und war stundenlang mit ihr versackt – sie war diejenige gewesen, die gesagt hatte, ich wäre eine alte Seele. Klingelts? Sehr schön.

Jene Claudia hatte einen Tag zuvor auf Instagram ein Foto aus Luang Prabang gepostet. Das hatte ich gesehen, als ich im Zug nach Bangkok gesessen hatte und sie sofort gefragt, ob sie noch da sei – und ja, sie war noch da. Eine Nacht. Und so hatten wir uns zum Abendessen auf dem Nachtmarkt in Luang Prabang verabredet. In Laos. So passiert das hier mit den Reisenden.

Wir aßen am veganen Buffet auf dem Nachtmarkt, bei dem man pro (vollgestapeltem) Teller 10.000 Kip – einen Euro – bezahlt. Dann trafen wir einige von Claudias Freunden aus der Hilfsorganisation, mit der sie in den vergangenen Wochen zusammengearbeitet hatte und beendeten den Abend schließlich mit der Entscheidung, dass Claudia eigentlich auch bei mir im Hotelzimmer schlafen könnte – schließlich hatte ich ein Doppelbett und eine Klimaanlage, und bezahlt war auch alles bereits. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt und alles, was und irgendwie wichtig erschien, bis uns schließlich die Augen zu fielen. Wie damals mit 14, wenn die beste Freundin als Übernachtungsgast bleiben durfte. Richtig schön.

Für den nächsten Tag hatten wir große Pläne. Es gab Mango Stiky Rice und Baguette zum Frühstück, dann mieteten wir einen Motorroller und machten uns auf den Weg, 40 Kilometer den Mekong entlang zu den Kuang Si Wasserfällen. Die Sonne schien und es war wundervolles Wetter, ein Zustand, den ich schon länger nicht mehr erlebt hatte. Unsere kleider flatterten im Wind und ich fühlte mich mal wieder frei. Sehr frei. Ein unbeschreiblich großes Gefühl.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

„Bremsen Claudia, die Bremsen, DIE BREMSEN!“ rief ich, doch es kam nicht an, und so kippte der Roller mit uns um – und das Auspuffrohr brannte ein wunderbar gleichmäßiges Oval in meinen Unterschenkel. Ich hätte kotzen können. Gerade waren meine Brandwunden aus Vietnam so weit verheilt, dass nur noch riesige, dunkelviolette Flecken an meinem Bein zu sehen waren, da hatte ich wieder eine nässende, offene Wunde am Bein. Claudia tat das Ganze unendlich leid, und ich konnte ihr ja schlecht böse sein. War ich auch nicht, aber ärgerlich war es trotzdem. Doch ändern konnte ich es nicht, und so schritten wir los zu den Wasserfällen.

Der Weg vom Parkplatz zum Wasser führt durch eine Bärenauffangstation. Offenbar gibt es einen riesigen Schwarzmarkt für Schwarzbären (haha), weil die Chinesen mal wieder irgendeinen Teil dieser Bärchen für potenzsteigernd halten. Echt. Wir müssten die Chinesen mal davon überzeugen, dass die Hoden von IS-Kämpfern DAS traditionelle Potenzmittel schlechthin sind, dann würden sich viele Probleme von alleine regeln. Aber zurück zum Thema.

Die Bären wurden gerade gefüttert, was wir kurz beobachteten, bevor wir weiter zu den Fällen wanderten. Sehr niedlich anzusehen. Doch viel atemberaubender waren die Wasserfälle.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Grandios. Grandios gut. Ich hatte kürzlich davon gesprochen, dass mich Wasserfälle nicht mehr so richtig fazinieren, doch diese Wasserfälle waren eine ganz andere Liga. Strahlend blaues Wasser, eingerahmt vom satten grün des Laotischen Dschungels. Hammer. Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und war gerade damit beschäftigt, hundert Fotos zu schießen, als Claudia eine Freundin traf.

Processed with VSCO with a5 preset

„Ein bisschen weiter bergauf ist ein verbotenes Areal. Da ist ein Zaun mit Stacheldraht und ein „Danger!“-Schild, doch man kann darüberklettern, und dann kommt man zu einem wunderschönen, abgelegenen Plätzchen zum Schwimmen, etwas höher am Wasserfall.“

Na. Das ließen wir uns nicht zwei Mal sagen und marschierten los, dem Mitbewohner von Claudia hinterher, zu eben jener Stelle. Ein bisschen Badass muss man eben manchmal sein.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Und diese Aktion brachte uns zu folgendem Ort:

Processed with VSCO with a5 preset

Wie aus einem Märchen Freunde. So wunderschön, so blau, so ruhig, trotz des laut prasselnden Wasserfalls. Wir befanden uns an einem kleinen Pool, etwa auf halber Höhe der Fälle, und das Schwimmen war offensichtlich verboten, da eine starke Strömung alles gen Abgrund schob. Wir schwammen trotzdem.

So. Nun möchte ich euch einmal in Erinnerung rufen, dass ich all das hier tippe, nachdem ich diese Aktion bereits überlebt habe. Nur, damit mir niemand zu Hause vor dem Bildschirm an einem Herzklabaster zugrunde geht – ich denke da besonders an mein geliebtes Muttertier. Ich lebe noch. Ist alles gut gegangen. War ne geile Aktion.

Wir arbeiteten uns den Wasserfall hoch, bis wir irgendwann auf einem Felsen direkt vor dem brüllenden Wasservorhang saßen, hinter uns eine tiefe Schlucht, die den Dschungel in zwei Hälften zu teilen schien, und vor uns nichts als lautes, starkes, türkisblaues, klares, kaltes Wasser. Ich fühlte alles und nichts, aber vor allem hatte ich nicht den Eindruck, noch ein Tourist zu sein. Ich war angekommen. In Laos angekommen, mit tollen Menschen, in atemberaubend eindrucksvoller Natur. Ich grinste Claudia an, sie grinste zurück.

„Ich könnte noch eine Stunde lang hier sitzen und gucken.“

sagte Claudia, aussprechend, was ich gerade dachte.

„Maktub.“

sagte ich.

„Maktub.“

sagte Claudia.

Dann machten wir und wieder auf den Weg zu unseren Rucksäcken.

Als wir beide wieder auf dem Roller in Richtung Luang Prabang saßen, sangen wir 30 Minuten lang lauthals jedes Lief von Mumford & Sons, das uns in den Kopf kam. Das brachte uns zwar einige kritische Blicke ein, doch an jenem Tag scherten wir uns nun wirklich nicht mehr um die Meinung anderer Menschen. Und wir liebten eben beide Mumford & Sons.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Zurück in der Stadt brachten wir den Roller zurück, Claudia packte ihre Sachen und ich trocknete meine Haare, bevor wir noch schnell unser veganes 10 000 Kip – Abendessen aßen und Claudia sich auf den Weg zu ihrem Bus machte.

Dann war ich wieder allein. Aber gar nicht mehr so einsam.

2 Antworten auf „Luang Prabang Part I“

Unglaublich was Du erlebst,liebe Klara-und vor allem ,wie Du es erlebst!Schön,daß wir daran teilhaben können.-Die `Zugklos sind garnicht so steinzeitlich,die gab es vor30 Jahren noch bei derDB. Weiter alles Gute!RK

Wir fassen es nicht! vor allem die Zufälle, mit den Freunden und Freundinnen, die Deinen Weg kreuzen. So viele Bekannte triffst Du nichteinmal in Meisdorf in der kurzen Zeit. Glück und Segen weiterhin auf Deiner spannenden Tour. Wir haben Verständnis für Gedanken Deines „Muttertieres“.
Aber Dein Schutzengel wird’s weiter richten. Glück auf !

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert